Personen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell oder intersexuell identifizieren, können in Deutschland einen Asylantrag stellen, wenn sie in ihrem Herkunftsland von Verfolgung bedroht sind. In diesem Zusammenhang ist eine Verfolgung dann relevant, wenn sie aufgrund der geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung droht. Von Verfolgung umfasst sind dabei körperliche, psychische und sexuelle Gewalt, Haft, Tod sowie Diskriminierungen oder Bestrafungen, wenn sie so schwerwiegend sind, dass sie eine Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen.
In einigen Ländern ist die gleichgeschlechtliche Beziehung vom Staat unter Strafe gestellt und wird verfolgt. Die Verfolgung kann jedoch auch von Privatpersonen wie der Familie oder auch (unbekannten) Dritten ausgehen.
In der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) muss der Verfolgungsgrund der sexuellen Orientierung und/oder der geschlechtlichen Identität offengelegt werden. Es können dann vom BAMF dazu persönliche Fragen gestellt werden, die etwa bisherige Beziehungen und die persönliche Entwicklung und Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität betreffen. Nicht erlaubt ist es laut einer Entscheidung des EuGH, Fragen zu sexuellen Praktiken zu stellen oder auch Beweise wie Fotos oder Videos anzufordern (EuGH, Urteil vom 02.12.2014 – C-148-150/13, A, B, C gg. Niederlande – asyl.net: M22497).
Beim BAMF gibt es besonders geschulte Anhörer*innen, die als Sonderbeauftragte für besonders schutzbedürftige Personengruppen tätig sind und für die persönliche Anhörung angefordert werden können. Außerdem besteht die Möglichkeit die Anhörung von einer gleichgeschlechtlichen Anhörer*in und/oder Dolmetscher*in durchführen zu lassen. Das sollte bereits vor der Anhörung dem Bundesamt mitgeteilt werden.
Es ist nicht zulässig, Schutzsuchende darauf zu verweisen, dass sie die eigene sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität im Heimatland vor dem Staat oder sonstigen Dritten verheimlichen, um so einer Verfolgung zu entgehen. Die sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität stellt einen so wesentlichen Teil der Identität dar, dass man nicht dazu gezwungen werden darf, darauf zu verzichten. Dies ist in verschiedenen Entscheidungen internationaler und nationaler Gerichte klargestellt worden (darunter EuGH, Urteil vom 7.11.2013 – C-199/12 u.a. - X.Y.Z. gg. Niederlande – asyl.net: M21260 und BVerfG, Urteil vom 22.1.2020 – 2 BvR 1907/19 – asyl.net: M28078).
Stand: Dezember 2024