Rund 30 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland sind Frauen und Mädchen. Weibliche Personen gelten zwar nicht generell als schutzbedürftig im Sinne von Artikel 21 der EU-Aufnahmerichtlinie, wohl aber wenn sie minderjährig, schwanger oder alleinerziehend mit minderjährigen Kindern, oder wenn sie Betroffene von Menschenhandel oder schwerer Gewalt sind. Auch ältere Frauen sowie Frauen mit Behinderung und psychischen Störungen gelten als schutzbedürftig im Sinne dieses Artikels.
Die EU-Aufnahmerichtlinie sieht in den Artikeln 17 und 19 die Gewährung der notwendigen medizinischen und materiellen Hilfe für besonders schutzbedürftige Personen als Rechtsanspruch vor. § 4 Abs. 2 AsylbLG gewährt „werdenden Müttern und Wöchnerinnen“ einen Rechtsanspruch auf ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel.
Artikel 18 Abs. 3 der Aufnahmerichtlinie sieht vor, dass die Situation von schutzbedürftigen Personen und geschlechtsspezifische Aspekte bei der Unterbringung zu berücksichtigen sind. Im nationalen Recht gibt es in § 44 Abs. 2a AsylG die Verpflichtung der Bundesländer, den Schutz von Frauen und schutzbedürftigen Personen im Rahmen der Unterbringung von Asylsuchenden durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten. Seit 2016 gibt es bundesweit einheitliche Mindeststandards zum Thema Gewaltschutz in Unterkünften. Dieses sind als Leitlinien für einrichtungsinterne Schutzkonzepten in Unterkünften gedacht, allerdings nicht rechtlich verbindlich. Einige Bundesländer haben zusätzlich auch eigene Gewaltschutzkonzepte für Geflüchtetenunterkünfte entwickelt. Die Verantwortung für die Umsetzung von Gewaltschutzkonzepten liegt bei der Leitung der jeweiligen Unterkunft. Wenn aus Gewaltschutzgründen ein Umzug notwendig ist, könnte ein Argument für eine Aufhebung einer Wohnsitzauflage sein.
Zusätzlich zu den allgemeinen Rechten in der Anhörung im Rahmen des Asylverfahrens (z.B. Recht auf Beistand) gibt es noch einige weitere wichtige Verfahrensrechte für Asylantragstellerinnen. So gibt es die Möglichkeit, einen Wunsch zu äußern bezüglich des Geschlechts der Person, die die Anhörung durchführt und der dolmetschenden Person. Des Weiteren besteht das Recht auf Durchführung der Anhörung durch eine speziell zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt geschulte Anhörerin (Sonderbeauftragte). Entsprechende Wünsche sollten möglichst frühzeitig schriftlich an das BAMF kommuniziert werden.
Geschlechtsspezifische (oder auch genderbezogene) Fluchtgründe liegen vor, wenn die Verfolgungsursache im Herkunftsland an das Geschlecht eines Menschen anknüpft. Beispiele könnten (drohende) Genitalverstümmelung (FGM/C), Zwangsverheiratung, Menschenhandel, „Gewalt im Namen der Ehre“, sexuelle Übergriffe oder häusliche Gewalt sein. Diese Verfolgung kann sowohl von staatlichen als auch von nicht-staatlichen Akteur*innen ausgehen. Zu letzteren können auch Familienangehörige zählen. In Fällen, in denen eine (drohende) Verfolgung seitens nicht-staatlicher Akteur*innen geltend gemacht wird, kommt es darauf an, dass der Staat nicht gewillt oder in der Lage ist, wirksamen Schutz zu bieten.
Bei von Zwangsprostitution oder Menschenhandel betroffenen Frauen sollten auch § 25 Abs. 4a und 4b AufenthG sowie § 59 Abs. 7 AufenthG berücksichtigt werden. Mehr Informationen dazu sind im Artikel „Betroffene von Menschenhandel“ zu finden.
Stand: Juli 2023.