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Ausreisegewahrsam

Der Ausreisegewahrsam kann auch ohne Vorliegen von den Haftgründen für eine Sicherungshaft für einen Zeitraum von längstens 28 Tagen richterlich angeordnet werden (siehe § 62b AufenthG). Insbesondere das Vorliegen einer Fluchtgefahr ist, im Gegensatz zur Sicherungshaft, keine Voraussetzung für Ausreisegewahrsam. Die Grundvoraussetzungen sind, dass die Ausreisefrist abgelaufen ist und die Abschiebung in den nächsten 28 Tagen möglich ist. Außerdem muss einer von vier Gründen für den Gewahrsam vorliegen, die deutlich weiter gehen als bei der Sicherungshaft: Entweder muss die betroffene Person fortgesetzt ihre Mitwirkungspflichten verletzt haben, über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht haben, wegen einer in Deutschland begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe über 50 Tagessätzen verurteilt wurden sein oder die Ausreisefrist muss um mehr als 30 Tage überschritten sein.
Die Anordnung eines Ausreisegewahrsams ist jedoch dann unzulässig, wenn die betroffene Person unverschuldet an der Ausreise gehindert war oder glaubhaft machen kann, dass sie sich nicht der Abschiebung entziehen will.

Dem Gesetzeswortlaut nach kann der Ausreisegewahrsam „im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft vollzogen werden, von der aus die Ausreise der betroffenen Person möglich ist.“ In der Praxis wird Ausreisegewahrsam allerdings so gut wie immer in den gleichen Haftanstalten vollzogen wie andere Formen der Abschiebungshaft, also z.B. auch die Sicherungshaft.

In der Regel gibt es keine nennenswerten Unterschiede zwischen dem Ausreisegewahrsam und der Sicherungshaft, etwa hinsichtlich der Vollzugsbedingungen. So unterscheidet sich der Ausreisegewahrsam in der Praxis kaum von der „normalen“ Sicherungshaft, abgesehen von den abgesenkten rechtlichen Hürden, die es den Behörden einfacher machen, Menschen zu inhaftieren, auch wenn sie die Voraussetzungen für die Sicherungshaft nicht erfüllen, und der beschränkten Höchstdauer.

Stand: August 2024

Materialien

  • Übersicht der BGH-Rechtsprechung zur Abschiebungshaft von Richterin am BGH Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch (Stand: September 2017).
  • Übersicht "Aktuelle Fragen des Abschiebungshaftrechts" von Richterin am BGH Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch (Stand: Juni 2021).
  • Beitrag von Johanna Schmidt-Räntsch zum Thema „Vorgaben des Art. 5 EMRK für die Abschiebungshaft“ im AM 9/2020.
  • Broschüre des Deutschen Caritasverbands, Migration im Fokus: Abschiebung und Abschiebungshaft (Stand: Dezember 2019).
  • Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht mit Gesetzesbegründung und Ausführungen zu geeigneten "Unterkünften" für den Vollzug von Ausreisegewahrsam (Stand: April 2019).
  • weitere Materialien

Links

  • Link zur Übersicht von socialnet zur Abschiebungshaft (Stand: Januar 2019).
  • Link zum „Leitfaden für Flüchtlinge“ des Flüchtlingsrats Niedersachsen mit einer Überblick zur Abschiebungshaft, der Durchführung einer Abschiebung und deren Folgen.
  • Link zu den Materialien der Refugee Law Clinic Berlin zur „Aufenthaltsbeendigung“ (Stand: Februar 2018).
  • Link​​​​​​​ zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Praxis der Abschiebungshaft mit zahlreichen Statistiken (Stand: August 2021).

Bitte beachten:

Aufgrund vielfältiger Gesetzesänderungen können einzelne Arbeitshilfen in Teilen nicht mehr aktuell sein. Wir bemühen uns, so schnell wie möglich eine aktualisierte Version zu verlinken. Bis dahin bitten wir Sie, auf das Datum der Publikation zu achten und zu überprüfen, ob die Informationen noch korrekt sind.