Allgemeine Voraussetzungen

Die Inhaftierung aus Gründen der bevorstehenden Abschiebung ist eine sehr grundrechtsintensive Maßnahme und unterliegt deshalb besonderen Anforderungen.

So ist eine Abschiebungshaft nur zulässig, wenn der Zweck der Haft nicht auch durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftierung ist dabei so kurz wie möglich zu halten – es gilt der Beschleunigungsgrundsatz. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen werden (§ 62 Abs. 1 AufenthG). Ausnahmen sind nur bei ganz außergewöhnlichen Umständen denkbar. Auch das Stellen eines Asylantrags kann der Abschiebungshaft entgegenstehen. In diesem Fall ist Abschiebungshaft nur zulässig, wenn sich die betroffene Person bereits in Haft oder Gewahrsam befindet oder zum Zeitpunkt der Stellung des Asylantrags die Voraussetzungen der Abschiebungshaft bereits vorlagen (§14 Abs. 3 AsylG). Wenn der Asylantrag positiv beschieden wird oder innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung noch keine Entscheidung ergangen ist, muss die betroffene Person aus der Abschiebungshaft entlassen werden.

Die Abschiebungshaft wird in der Regel in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind solche nicht vorhanden, ist auch eine Inhaftierung in einer regulären Haftanstalt möglich, solange die Unterbringung nur getrennt von Strafgefangenen erfolgt. Familien müssen zudem getrennt von anderen Inhaftierten untergebracht werden und ein gewisses Maß an Privatsphäre erhalten.


Nach § 62d AufenthG wird Betroffenen, die nicht anwaltlich vertreten sind, für die Dauer des Verfahrens verpflichtend ein anwaltlicher Vertreter als Bevollmächtigter bestellt (Pflichtanwalt). Derzeit werden von den Gerichten unterschiedliche Auffassungen vertreten, inwiefern ein einmal bestellter Pflichtanwalt noch einmal gegen einen frei gewählten Pflichtanwalt ausgetauscht werden kann.
Im Übrigen sind inhaftierte Personen über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren. Daneben müssen sie die Möglichkeit erhalten, zu ihren Familienangehörigen, ihrer Botschaft und Hilfsorganisationen Kontakt aufnehmen zu können. Mitglieder von Hilfsorganisationen können zudem beantragen, Inhaftierte in einer Einrichtung zu besuchen.

Stand: Dezember 2024

 

Materialien

  • Beitrag von Rolf Stahmann zum Thema "Pflichtanwalt/Pflichtanwältin in Abschiebungshaftsachen nach § 62d AufenthG" im Asylmagazin 7-8/2024.
  • Übersicht der BGH-Rechtsprechung zur Abschiebungshaft von Richterin am BGH Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch (Stand: September 2017).
  • Übersicht "Aktuelle Fragen des Abschiebungshaftrechts" von Richterin am BGH Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch (Stand: Juni 2021).
  • Broschüre des Deutschen Caritasverbands, Migration im Fokus: Abschiebung und Abschiebungshaft (Stand: Dezember 2019)
  • Beitrag von Johanna Schmidt-Räntsch zum Thema „Vorgaben des Art. 5 EMRK für die Abschiebungshaft“ im Asylmagazin 9/2020.
  • weitere Materialien

Links

  • Link zur Informationsseite Abschiebungshaft des Flüchtlingsrat Niedersachsen (Stand: Dezember 2024)
  • Link zur Übersicht von socialnet zur Abschiebungshaft (Stand: Januar 2019).
  • Link zum „Leitfaden für Flüchtlinge“ des Flüchtlingsrats Niedersachsen mit einer Überblick zur Abschiebungshaft, der Durchführung einer Abschiebung und deren Folgen.
  • Link zu den Materialien der Refugee Law Clinic Berlin zur „Aufenthaltsbeendigung“ (Stand: Februar 2018).
  • Link​​​​​​​ zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Praxis der Abschiebungshaft mit zahlreichen Statistiken (Stand: August 2021).

Bitte beachten:

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