Wenn eine Person ausreisepflichtig ist, droht eine Abschiebung, wenn die Person nicht selbstständig ausreist (§ 58 Abs. 1 AufenthG). Eine Frist zur „freiwilligen Ausreise“ gibt es, außer in Dublin-Fällen, so gut wie immer. Wenn im konkreten Fall keine Abschiebungshindernisse festgestellt werden und kein Bleiberecht infrage kommt, steht die Person vor der Entscheidung, selbstständig auszureisen oder sich der Gefahr einer Abschiebung auszusetzen.
Bei Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, wird die Ausreisepflicht vor allem in diesen Fällen vollziehbar:
Die Ausreisepflicht ist erst vollziehbar, wenn die Frist zur selbstständigen Ausreise abgelaufen ist. Eine Ausreisefrist ist in den meisten Konstellationen zu gewähren, in denen eine Person zur Ausreise aufgefordert wird (§ 59 AufenthG). Eine wichtige Ausnahme bilden hier allerdings die Dublin-Fälle (also bei Ablehnung des Asylantrags als „unzulässig“ wegen der Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates). Hier sieht das Gesetz (§ 34a Abs. 1 AsylG) vor, dass eine solche Fristsetzung nicht notwendig ist und es ist daher üblich, dass die Behörden die Möglichkeit der selbstständigen Ausreise gar nicht erst einräumen und unmittelbar die Abschiebung (Überstellung) in den anderen Dublin-Staat droht. Nur in Ausnahmefällen können Betroffene erreichen, dass die Ausreise als „selbstorganisierte Überstellung“ abläuft.
Eine Duldung vermittelt keinen sicheren Aufenthalt in Deutschland. Wenn sie bspw. eine Nebenbestimmung wie „Erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebungstermins“ oder „Erlischt mit Flugtermin“ enthält, kann die betroffene Person grundsätzlich jederzeit abgeschoben werden. Auf das Datum, das in der Duldung eingetragen ist, kommt es in diesem Fall nicht an. Personen, die abgeschoben werden sollen, können sowohl zu Hause als auch in der Schule oder am Arbeitsplatz von der Polizei abgeholt werden. Manchmal werden sie auch bei Behördenterminen festgenommen. Da der Bescheid mit der Ablehnung des Asylantrags in aller Regel auch eine Abschiebungsandrohung (in Dublin-Fällen: Abschiebungsanordnung) enthält, erfolgt keine weitere Mitteilung, dass die Abschiebung bevorsteht. Die Mitteilung eines konkreten Termins für die Abschiebung ist gesetzlich untersagt (§ 59 Abs. 1 S. 8 AufenthG).
Manchmal werden Personen, die zwecks Abschiebung von der Polizei mitgenommen werden, direkt zum Flughafen gebracht, manchmal werden sie zunächst inhaftiert.
Betreten und Durchsuchung der Wohnung
Informationen zu der Frage, unter welchen Bedingungen die Polizei zwecks Durchführung einer Abschiebung in eine Wohnung reingehen dürfen, finden Sie auf der Seite „Betreten und Durchsuchung von Wohnungen“.
Beschlagnahme von Geld und Mobiltelefonen
Manchmal kommt es vor, dass die Polizei bei einer Abschiebung Mobiltelefone beschlagnahmt. Sie ist verpflichtet, die Beschlagnahme unverzüglich zu begründen und eine Quittung auszuhändigen. Wenn die Polizei Bargeld findet, das der abzuschiebenden Person gehört, darf sie es ab einem bestimmten Freibetrag beschlagnahmen, um die Kosten der Abschiebung zu begleichen. Dies gilt allerdings nicht bei Dublin-Überstellungen, da die Betroffenen in diesen Fällen nicht verpflichtet sind, die Kosten zu tragen. Wenn die abzuschiebende Person kein Bargeld hat, kann die Polizei nach Ermessen ein Handgeld auszahlen, damit die Person nicht mittellos im Zielstaat ankommt. Einzelheiten regeln die Polizeigesetze der Bundesländer und Vorgaben / Erlasse zur Durchführung von Abschiebungen der jeweiligen zuständigen Landesministerien.
Handlungsoptionen während einer laufenden Abschiebung
Grundsätzlich gehen die beteiligten Behörden und Gerichte davon aus, dass bei einer Person, die abgeschoben werden soll, alle Gründe geprüft worden sind, die möglicherweise gegen die Abschiebung sprechen könnten. Nicht selten kommt es aber vor, dass Engagierte oder Anwält*innen von drohenden Abschiebungen von Personen erfahren, die möglicherweise durch die Abschiebung in eine außergewöhnlich schwierige oder gar lebensbedrohliche Situation geraten könnten – zum Beispiel, weil Hinweise auf eine Gefährdung im Herkunftsland vorliegen, weil eine betroffene Person schwer erkrankt ist oder weil durch die Abschiebung Familien für lange Zeit getrennt werden könnten. Es kann auch sein, dass es eine Bleiberechtsoption gibt, die bislang noch nicht geltend gemacht wurde. Auch in diesen Fällen gibt es aber nur wenige Handlungsoptionen, die nur in seltenen Ausnahmefällen greifen. Insgesamt gilt, dass es sehr schwer ist, bereits laufende Abschiebungen noch zu stoppen.
Ein Asylfolgeantrag kann vor allem dann infrage kommen, wenn sich die Situation im Herkunftsland verändert hat oder wenn andere mögliche Asylgründe vorgetragen werden können, die im bereits beendeten Asylverfahren noch nicht geprüft wurden.
Nicht sinnvoll ist es, einen solchen Antrag ohne geeignete Begründung vorzubringen, in der Hoffnung, damit Zeit zu gewinnen. Der Antrag an sich hat nämlich nur „aufschiebende Wirkung“ (d.h. hemmt den Vollzug der Abschiebung), bis das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der zuständigen Behörde mitteilt, ob die Voraussetzungen zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Diese Mitteilung kann innerhalb weniger Stunden oder Minuten erfolgen.
In anderen Konstellationen, in denen Hinweise vorliegen, dass Abschiebungsverbote vorliegen könnten (zum Beispiel wegen der Gefahr, dass sich eine Erkrankung durch die Abschiebung deutlich verschlimmern könnte), kann dies bei den Behörden eventuell noch geltend gemacht werden. Auch ein solcher Antrag hat allerdings keine aufschiebende Wirkung, deshalb ist zusätzlich gerichtlicher Eilrechtsschutz nötig.
Wenn geltend gemacht wird, dass die abzuschiebende Person die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Duldung (beispielsweise zur notwendigen Pflege von Angehörigen oder eine Beschäftigungsduldung) erfüllt, hat ein entsprechender Antrag keine aufschiebende Wirkung. Es muss also immer zusätzlich ein Eilantrag gestellt werden.
Eilanträge können beim zuständigen Verwaltungsgericht gestellt werden, am besten per Fax oder persönlich. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts richtet sich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt der betroffenen Person.
Eine Abschiebung auf dem Luftweg ist erst vollzogen, wenn das Hoheitsgebiet des Zielstaates betreten wurde; der Transitbereich des Zielflughafens fällt nicht darunter. Bis die Person den Transitbereich verlassen hat, ist noch Eilrechtsschutz gegen die laufende Abschiebung möglich. Ohne anwaltliche Vertretung geht das in aller Regel nicht. Ist die Person nicht anwaltlich vertreten oder ist der Anwalt oder die Anwältin nicht erreichbar, ist es sehr schwer, einen neuen Anwalt oder eine neue Anwältin einzuschalten. Abgesehen davon, dass die meisten Anwält*innen nicht die Kapazitäten haben, um unter so hohem Zeitdruck einen komplett neuen Fall anzunehmen, stellt sich auch die praktische Frage, wie die betroffene Person eine Vollmacht für den Anwalt oder die Anwältin unterschreiben soll. Zudem muss die Kostenfrage idealerweise vorab geklärt sein.
Folgen einer Abschiebung
Wer abgeschoben wird, ist (außer bei Dublin-Überstellungen) verpflichtet, die Kosten der Abschiebung selbst zu tragen. Das wird vor allem dann relevant, wenn die Person später versucht, legal nach Deutschland einzureisen. Außerdem bekommt eine abgeschobene Person ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, dessen Länge jeweils individuell festgelegt wird und im Bescheid mit der Abschiebungsandrohung mitgeteilt wird. Die Wiedereinreisesperre kann in begründeten Fällen seitens der zuständigen Ausländerbehörde nachträglich verkürzt werden.
Auch nach dem Vollzug einer Abschiebung kann beantragt werden, festzustellen dass eine Abschiebung an sich, oder einzelne Maßnahmen im Zuge der Abschiebung (z.B. Durchsuchung der Wohnung ohne richterlichen Beschluss, Freiheitsentziehung) rechtswidrig waren. Über entsprechende Anträge muss das zuständige Verwaltungsgericht entscheiden. Eine solche Feststellung führt dazu, dass die Abschiebungskosten der abgeschobenen Person nicht in Rechnung gestellt werden dürfen. Sie führt für sich genommen allerdings nicht dazu, dass ein Anspruch auf Rückkehr nach Deutschland entsteht. Einen Anspruch auf Wiedereinreise gibt es vielmehr laut der Rechtsprechung nur dann, wenn durch die Abschiebung ein rechtswidriger Zustand geschaffen wurde und wenn die betroffene Person im Falle einer Rückkehr nach Deutschland nicht sogleich wieder abgeschoben werden müsste.
Abschiebung von unbegleiteten Minderjährigen
Für die Abschiebung von unbegleiteten Minderjährigen gelten besondere rechtliche Vorgaben. So muss gewährleistet werden, dass sie im Zielland von Sorgeberechtigten oder einer entsprechenden zuständigen Stelle (z.B. Jugendamt oder zuständige Hilfsorganisation) im Empfang genommen werden. Den Betroffenen bzw. ihrem Vormund muss vorab mitgeteilt werden, an wen die Übergabe im Zielland erfolgen wird, damit die Möglichkeit besteht, gegen diese Entscheidung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Stand: April 2023
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