Drittstaatsangehörige brauchen für die Einreise nach und den Aufenthalt in Deutschland grundsätzlich einen gültigen Aufenthaltstitel (§ 4 AufenthG), wie z.B. eine Aufenthaltserlaubnis oder ein Visum. Es gibt jedoch Ausnahmen für Angehörige bestimmter Staaten („Positivstaater“), die auch ohne Aufenthaltstitel einreisen können. Dazu gibt es eine gemeinsame Liste der Europäischen Union in Anlage 2 zur Visumsverordnung, aus der hervorgeht, welche Staatsangehörige für die Einreise in die EU kein Visum brauchen. Auch Personen, die in den Anwendungsbereich der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung fallen, dürfen visumsfrei nach Deutschland einreisen. Für diese Personen gelten die nachfolgenden Ausführungen, so lange sie kein Aufenthaltstitel beantragen.
Das Recht auf Einreise und Aufenthalt ohne Visum unterliegt einigen Beschränkungen und Bedingungen. Es ist auf kurzfristige Aufenthalte von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen beschränkt. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist in dieser Zeit nicht gestattet. Wird ein längerfristiger Aufenthalt beabsichtigt, braucht die Person einen Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz. Angehörige bestimmter Staaten (Australien, Israel, Japan, Kanada, Neuseeland, Südkorea, Vereinigtes Königreich, USA) haben das Recht, während des visumsfreien Kurzaufenthalts einen solchen längerfristigen Aufenthaltstitel zu beantragen, ohne dafür ausreisen zu müssen. Der längerfristige Aufenthaltstitel kann auch dann im Bundesgebiet eingeholt werden, wenn die Voraussetzung eines Anspruchs auf Erteilung nach der (visumsfreien) Einreise entstanden sind (§ 39 S. 1 Nr. 3 AufenthV). Für alle anderen gilt: Sie müssen grundsätzlich ausreisen und bei der zuständigen deutschen Botschaft ein entsprechendes nationales Visum beantragen, um dann wieder einzureisen. Von der Pflicht zur Nachholung des Visumsverfahrens kann abgesehen werden, wenn diese unmöglich oder unzumutbar ist. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die Nachholung des Visumsverfahrens zu einer unzumutbar langen Familientrennung führen würde.
Wird während des visumsfreien Aufenthalts ein längerfristiger Aufenthaltstitel beantragt und eine Nachholung des Visumsverfahrens ist nicht nötig, gilt der Aufenthalt bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als erlaubt, § 81 Abs. 3 AufenthG und der Person ist eine Fiktionsbescheinigung auszustellen.
Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben entschieden, dass die Rechtmäßigkeit des visumsfreien Aufenthalts rückwirkend entfallen kann, wenn sich herausstellt, dass die betroffene Person bereits bei der visumsfreien Einreise einen längerfristigen Aufenthalt angestrebt hat. In diesen Fällen würde die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 3 AufenthG im Falle der Beantragung eines Aufenthaltstitel im Inland nicht greifen, da es an der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zum Zeitpunkt der Antragsstellung fehlen würde.
Weitere Bedingungen für den visumsfreien Aufenthalt ergeben sich aus Artikel 6 des Schengener Grenzkodex. So muss die Person einen Reisepass besitzen, der mindestens drei Monate über dem geplanten Ausreisetermin hinaus gültig ist. Für Angehörige bestimmter Staaten ist die visumsfreie Einreise nur mit einem biometrischen Reisepass möglich. Zu den weitern Bedingungen gehören der Nachweis der Lebensunterhaltssicherung (inkl. Krankenversicherung) und einer Unterkunft sowie das Nicht-Vorliegen einer Wiedereinreisesperre.
Voraussichtlich ab 2024 benötigen Nicht-EU-Bürger*innen (ausgenommen Staatsangehörige der EEA-Staaten, der Schweiz sowie des Vereinigten Königreichs), die ohne Visum in den Schengen-Raum reisen, eine ETIAS-Reisegenehmigung (Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem). ETIAS ist eine elektronische Reisegenehmigung, die auch als Visa Waiver bekannt ist. Anträge werden über ein Online-Formular gestellt und durch ein vom Bundesverwaltungsamt angesiedeltes Datenverarbeitungssystem geprüft. Werden dabei keine Gründe gefunden, die Erteilung zu verweigern, erfolgt die Erteilung automatisch. Ergibt die Datenabfrage mögliche Gründe, die gegen eine Erteilung sprechen, wird das Bundespolizeipräsidium informiert. Dieses übernimmt die weitere Bearbeitung des Antrags. Für Vielreisende wird es die Möglichkeit geben, die Aufnahme in ein Erleichterungsprogramm zu beantragen, das von der Bundespolizei verwaltet wird.
Laut der zugrunde liegenden EU-Richtlinie 2018/1240 zielt ETIAS darauf ab, zu bewerten, ob von einer Person ein Sicherheitsrisiko, eine Risiko der illegalen Einwanderung oder ein hohes Epidemierisiko einhergeht und außerdem zur Identifizierung von Personen beizutragen, gegen die Einreise- und Aufenthaltsverbote vorliegen.
Stand: Juli 2023
Aufgrund vielfältiger Gesetzesänderungen können einzelne Arbeitshilfen in Teilen nicht mehr aktuell sein. Wir bemühen uns, so schnell wie möglich eine aktualisierte Version zu verlinken. Bis dahin bitten wir Sie, auf das Datum der Publikation zu achten und zu überprüfen, ob die Informationen noch korrekt sind.