VG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
VG Schleswig-Holstein, Gerichtsbescheid vom 01.06.2021 - 13 A 471/21 - asyl.net: M29805
https://www.asyl.net/rsdb/m29805
Leitsatz:

Familienschutz für Familie eines im Bundesgebiet geborenen Kindes mit subsidiärem Schutzstatus:

Der Gewährung von Familienschutz nach § 26 Abs. 3 S. 1, 2 AsylG steht nicht entgegen, dass das Kind, von welchem der Schutzstatus abgeleitet wird, nicht im Herkunftsland geboren wurde.

(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf BVerwG, Urteil vom 17.11.2020 - 1 C 8.19 - asyl.net: M29341; VG Freiburg, Urteil vom 27.08.2020 - A 10 K 8179/17 (Asylmagazin 10-11/2020, S. 376 ff.) - asyl.net: M28908)

Schlagwörter: Familienschutz, nachgeborenes Kind, in Deutschland geborenes Kind, internationaler Schutz in EU-Staat,
Normen: AsylG § 26 Abs. 3 S. 1, AsylG § 26 Abs. 3 S. 2, AsylG § 26,
Auszüge:

[...]

Dies wirkt sich auch zugunsten der Kläger aus, da sie hieraus einen Anspruch auf intemationalen Familienschutz nach § 26 Abs. 3 Satz. I bzw. Satz 2 AsylG i.V.m. § 26 Abs. 5 AsylG ableiten können. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass ... nicht im Herkunftsland der Kläger geboren ist (vgl. hierzu ausführlich Broscheit, ZAR 2019, 174; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.11.2020 - 1 C 8.19  - Juris Rn. 34). Aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylG, wonach "die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird", folgt nicht, dass der Stammberechtigte zwingend schon im Herkunftsstaat geboren sein müsste. Hiermit kann auch lediglich die "Restfamilie", d.h. insbesondere die Eltern und Geschwister des sodann in der Bundesrepublik Deutschland geborenen minderjährigen Kindes gemeint sein (vgl. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 27.08.2020 - A 10 K 8179/17 - Juris Rn. 26 m.w.N.). Dieses Ergebnis stützt auch ein systematischer Vergleich mit der Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG für Ehegattenasyl. Dieser setzt ausdrücklich das Bestehen der Ehe im Herkunftsstaat voraus und ist insoweit verengt, während § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylG mit dem Begriff der "Familie" offener gehalten ist und insbesondere nicht etwa von einer "Elternschaft" im Herkunftsstaat spricht (vgl. VG Freiburg (Breisgrau), a.a.O.). Schließlich soll vom Sinn und Zweck der Norm her die Integration naher Familienangehöriger gefördert werden (vgl. BT-Drs. 11/690, S. 29 f.). Dafür ist aber unerheblich, ob ein Kind bereits im Herkunftsstaat oder erst in der Bundesrepublik geboren worden ist (vgl. VG Freiburg (Breisgau), a.a.O.). [...]