AG Hannover

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Zitieren als:
AG Hannover, Beschluss vom 18.03.2019 - 44 XIV 39/19 B - Asylmagazin 6-7/2019, S. 263 - asyl.net: M27111
https://www.asyl.net/rsdb/M27111
Leitsatz:

Fortdauernde Inhaftierung nach Aufhebung der Haftanordnung rechtswidrig:

1. Wird eine inhaftierte Person trotz Aufhebung der Haftanordnung nicht direkt freigelassen, ist die fortdauernde Freiheitsentziehung offensichtlich rechtswidrig.

2. Ein auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit gerichteter Antrag ist zulässig und begründet (andere Ansicht: LG Mainz, Beschluss vom 29.04.2019 - 8 T 89/19 - asyl.net: M27259, das in entsprechendem Fall keine Rechtsgrundlage für einen solchen Feststellungsantrag sah).

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Haftaufhebungsbeschluss, Freilassung, Sicherungshaft, Rücküberstellungshaft, Feststellung, Feststellungsantrag, Inhaftierung, Haftanordnung, fortdauernde Inhaftierung, Rechtswidrigkeit, Justizvollzugsanstalt, Freiheitsentziehung, Haftbeschluss, sofortige Entlassung, Entlassung, Rechtsgrundlage,
Normen: AufenthG § 62, FamFG § 62, FamFG § 58, EMRK Art. 5,
Auszüge:

[...]

Der Feststellungsantrag vom 12.03.2019 ist zulässig und begründet.

Mit Beschluss vom 11.03.2019 hat das Landgericht Erfurt (Aktenzeichen 63 T 63/19) den Beschluss des Amtsgericht Erfurt (Aktenzeichen XIV 30/19 B) vom 12.02.2019 auf die Beschwerde des Betroffenen aufgehoben.

Aufgrund mangelnder Datenpflege zum tatsächlichen Unterbringungsorts des Betroffenen wurde im Rubrum des Beschlusses des Landgericht Erfurt dessen Aufenthalts-/Haftort nicht benannt und der Haftaufhebungsbeschluss am 11.03.2019 ausweislich der Verfügung des Landgerichts Erfurt vom 11.03.2019 nur der Ausländerbehörde, dem Verfahrensbevollmächtigten und dem Verfahrenspfleger aber nicht sogleich der JVA ... per Fax mitgeteilt. Mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten von 12.03.2019, eingegangen am Amtsgericht Hannover am 12.03.2019 um 12.11 Uhr, beantragte dieser die umgehende Freilassung des Betroffenen und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der seit Erlass des Aufhebungsbeschlusses fortdauernden Inhaftierung des Betroffenen. Das Amtsgericht Hannover, das bisher nicht mit der Sache befasst war und dem keine Verfahrensakten vorlagen, trat umgehend mit der JVA ... telefonisch in Kontakt und erhielt die Mitteilung, dass dort die Haftaufhebung nicht bekannt war. Wegen "Mittagspause" konnte am Landgericht Erfurt durch das Amtsgericht Hannover nur eine telefonische Kontaktaufnahme zur dortigen Hauptwachtmeisterei erzielt werden, welcher unter Dringlichkeit der Sachverhalt zur Weiterleitung an die zuständige Geschäftsstelle bzw. den zuständigen LG-Richter bekannt gemacht wurde. Der Betroffene wurde letztlich am 12.03.2019 um 13.43 Uhr aus der Rücküberstellungs-/Sicherungshaft entlassen; diese wurde dem Amtsgericht Hannover auf nochmalig telefonische Nachfrage zum Sachstand am 12.03.2019 um 14.23 Uhr bestätigt. Mit Schreiben vom 18.03.2019 teilte die Ausländerbehörde im Rahmen der Stellungnahme zum Feststellungsantrag mit, dass der Haftaufhebungsbeschluss des Landgericht Erfurt zwar dort am 11.03.2019 per Fax um 15.36 Uhr einging, mangels Dringlichkeitshinweises jedoch im normalen internen Postverkehr der Sachbearbeiterin erst am 12.03.2019 vorgelegt wurde. Die Entlassung wurde von dort aus gegenüber der JVA ... sodann am 12.032019 mitgeteilt/bestätigt.

Die Freiheitsentziehung des Betroffenen in der Zeit vom Erlass des Haftaufhebungsbeschlusses des Landgericht Erfurt vom 11.03.2019 bis zum 12.03.2019 um 13.43 Uhr war damit rechtswidrig. [...]