Gesetzliche Änderungen bei der Fachkräfteeinwanderung treten in Kraft

Am 18. November 2023 tritt ein Teil der Neuerungen in Kraft, die im August mit dem "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" beschlossen worden waren. Kurz vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen wurde durch eine weitere Gesetzesänderung die Möglichkeit für Asylsuchende blockiert, eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft zu erhalten. Wir stellen hier die wichtigsten Änderungen vor.

Das "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" ist am 18. August 2023 im Bundesgesetzblatt erschienen. Geändert werden hierdurch vor allem Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes, daneben werden Anpassungen in verwandten Rechtsgebieten (Staatsangehörigkeits-, Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz etc.) sowie in verschiedenen Sozialgesetzbüchern vorgenommen. Am 31. August 2023 wurde ergänzend die "Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Hierdurch werden umfangreiche Änderungen der Beschäftigungs- und Aufenthalts- sowie weiterer Verordnungen vorgenommen.

Die geänderten und neu gefassten Normen treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft. Einige der Bestimmungen, die im Vorfeld des Gesetzes prominent diskutiert wurden (so etwa die Einführung der "Chancenkarte", die die Einreise zur Arbeitssuche ermöglichen soll) werden erst im Laufe des Jahres 2024 wirksam. Nachfolgend stellen wir hier nur die Bestimmungen vor, die nun Geltung erlangen:

Änderung des Zwecks des Aufenthaltsgesetzes

Im ersten Satz des Aufenthaltsgesetzes wird dessen Zweck neu definiert. § 1 Abs. 1 S. 1 AufenthG heißt nun nur noch:

»Das Gesetz dient der Steuerung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland.«

Bisher lautete die Formulierung "Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern". Mit der Streichung von "und Begrenzung" soll laut dem Innenausschusses des Bundestags, der die Änderung eingebracht hat, "ein klares Zeichen der Offenheit für mehr Zuwanderung" gesetzt werden (BT-Drs. 20/7394 vom 21.6.2023, S. 24) – obwohl zugleich darauf hingewiesen wird, dass auch unter den Begriff der Steuerung Maßnahmen fallen können, die "begrenzenden Charakter" haben. Die "Begrenzung des Zuzugs" ist mit der Neuformulierung aber zumindest nicht mehr automatisch als Bestandteil der staatlichen Interessen anzusehen. Dies kann immer dann von Bedeutung sein, wenn Behörden die staatlichen Interessen im Rahmen von Ermessenserwägungen in ihre Entscheidungen einbeziehen und gewichten müssen.

Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Fachkräfte (§§ 18a und 18b AufenthG)

§ 18a AufenthG (für Personen mit einer anerkannten Berufsausbildung) und § 18b AufenthG (für Personen mit akademischer Ausbildung) sind die zentralen Aufenthaltsregelungen für Fachkräfte. Beide Paragraphen werden durch das Gesetz nun so geändert, dass diesen Personengruppen künftig eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt wird. An die Stelle der bisherigen Ermessensregelungen (»kann eine Aufenthaltserlaubnis […] erteilt werden«) tritt also ein Rechtsanspruch auf die Aufenthaltserlaubnis, wenn die übrigen Anforderungen – insbesondere der Nachweis der beruflichen Qualifikation und ein konkretes Jobangebot – erfüllt sind.

Daneben fällt die bisherige Einschränkung weg, wonach den genannten Personengruppen nur Aufenthaltserlaubnisse zur Ausübung einer Beschäftigung ausgestellt werden konnten, »zu der ihre erworbene Qualifikation sie befähigt«. In den §§ 18a und 18b AufenthG heißt es stattdessen nun, dass die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung jeder qualifizierten Beschäftigung zu erteilen ist. Künftig sollen also vor allem die Unternehmen darüber entscheiden können, ob eine vorliegende Qualifikation zur Ausübung einer angebotenen Stelle befähigt oder nicht.

Ausschluss von Asylsuchenden von der Fachkräfteregelung nach §§ 18a und 18b AufenthG

Kurz vor dem Inkrafttreten der Bestimmung hat die Gesetzgebung hinsichtlich der §§ 18a und 18b AufenthG noch eine Einschränkung vorgenommen. Um zu verhindern, dass Personen im Asylverfahren oder Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, in eine Aufenthaltserlaubnis wechseln, wurde eine weitere Neuregelung kurzfristig per Änderungsantrag in ein anderes Gesetz (Änderung des Bundesvertriebenengesetzes) mit aufgenommen und am Abend des 16.11.2023 verabschiedet. Durch Neuerungen, die am 15.11.2023 durch den Innenausschuss des Bundestags in das Gesetz eingebracht wurden (BT-Drs. 20/9347), werden hier nun § 5 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 und Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes geändert. Dadurch wird Folgendes geregelt:

  • Personen im Asylverfahren können vor dem bestandskräftigen Abschluss des Verfahrens nur dann einen Aufenthaltstitel nach § 18a oder § 18b AufenthG erhalten, wenn die oberste Landesbehörde dem zustimmt und nur dann, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland dies erfordern (§ 10 Abs. 1 S. 2 (neu) AufenthG).
  • Personen, deren Asylantrag unanfechtbar abgelehnt wurde, dürfen vor der Ausreise keine Aufenthaltstitel nach §§ 18a, 18b oder § 19c Abs. 2 AufenthG erhalten (§ 10 Abs. 3 S. 4 (neu) AufenthG).
  • Personen, die ihren Asylantrag zurückgenommen haben, dürfen vor der Ausreise keine Aufenthaltstitel nach §§ 18a, 18b oder § 19c Abs. 2 AufenthG erhalten - es sei denn, sie sind vor dem 29. März 2023 eingereist (§ 10 Abs. 3 S. 5 (neu) AufenthG).

Laut der Begründung des Beschlusses des Innenausschusses soll damit verhindert werden, dass Personen "zum Zweck der Asylantragstellung mit dem eigentlichen Ziel der Erwerbstätigkeit" einreisen. Mit der Regelung, wonach Asylsuchende bei Rücknahme ihres Antrags den Aufenthaltstitel als Fachkraft erwerben können (beschränkt auf Personen, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind) wird ansonsten nur eine Bestimmung zum "Spurwechsel" ergänzt, die bereits in dem im August 2023 beschlossenen Gesetz enthalten ist und ursprünglich erst am 1. März 2024 wirksam werden sollte. Diese Möglichkeit wird durch die aktuelle Rechtsänderung nun also vorgezogen.

Blaue Karte EU (§§ 18g bis 18i AufenthG)

Neben der Aufenthaltserlaubnis nach § 18b AufenthG können Fachkräfte mit Hochschulausbildung auch die im Jahr 2012 eingeführte Blaue Karte EU ausgestellt bekommen. Diese geht auf die sogenannte Hochqualifizierten-Richtlinie der EU zurück. Im November 2021 trat eine Neufassung der Richtlinie – jetzt: RL (EU) 2021/1883 – in Kraft, die bis zum 18. November 2023 in deutsches Recht umzusetzen war. Die bisherigen Bestimmungen zur Blauen Karte EU in den §§ 18b und 18c AufenthG werden durch das neue Gesetz gestrichen. Stattdessen werden die neuen §§ 18g bis i AufenthG geschaffen, wobei § 18g vor allem die Voraussetzungen für die Erteilung der Blauen Karte EU regelt.

Geändert werden insbesondere die Mindestvoraussetzungen, die für die Erteilung der Blauen Karte EU erfüllt werden müssen. Die zu erfüllenden Gehaltsschwellen (Mindestgehälter) werden abgesenkt und die Berufsgruppen, die von der Regelung umfasst sind, werden erweitert. Ebenfalls neu ist, dass Fachkräfte aus den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie eine Blaue Karte EU auch dann erhalten können, wenn sie nicht über eine akademische Ausbildung verfügen. Schließlich wird der Zugang zur Blauen Karte durch eine Änderung in § 19f AufenthG für Asylberechtigte sowie Personen mit internationalem Schutzstatus (Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sowie Personen mit subsidiärem Schutzstatus) eröffnet.

Details zu den geänderten Voraussetzungen für den Erwerb der Blauen Karte EU sind zudem auf der Seite make-it-in-germany.com zu finden (Portal der Bundesregierung für Fachkräfte aus dem Ausland).

Die neuen Paragraphen §§ 18h und 18i befassen sich mit der kurz- bzw. langfristigen Mobilität von Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU eine Blaue Karte EU erhalten haben. Unter anderem wird hier geregelt, dass Personen mit Blauer Karte EU, die aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland ziehen, unter erleichterten Bedingungen auch ihre Familie "mitziehen" lassen können.

Beschäftigung von Berufskraftfahrenden

Aufgrund einer Änderung der Beschäftigungsverordnung können Drittstaatsangehörige (also Nicht-EU-Bürger*innen) ab dem 18. November unter vereinfachten Bedingungen als LKW- oder Busfahrer*innen eingestellt werden. Hier wird auf die sogenannte Vorrangprüfung verzichtet und die Bundesagentur für Arbeit muss nun nicht mehr prüfen, ob Fahrerlaubnisse und Grundqualifikationen bestimmten europäischen Standards entsprechen.

Überblick der GGUA

(Ergänzung vom 22.11.2023:) Die GGUA Flüchtlingshilfe hat einen weiteren Überblick zu den Änderungen veröffentlicht, die am 18. November in Kraft getreten sind (Link unten).


Hinweis

Aufgrund vielfältiger Gesetzesänderungen können einzelne Arbeitshilfen in Teilen nicht mehr aktuell sein. Wir bemühen uns, so schnell wie möglich eine aktualisierte Version zu verlinken. Bis dahin bitten wir Sie, auf das Datum der Publikation zu achten und zu überprüfen, ob die Informationen noch korrekt sind.

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