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OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 29.10.2024 - 13 ME 201/24 - asyl.net: M32831
https://www.asyl.net/rsdb/m32831
Leitsatz:

Ausschluss der Beschwerde auch bei Anträgen zur Aussetzung der Duldung: 

Entscheidungen über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG oder der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nach dem Aufenthaltsgesetz im Sinne des § 80 Var. 2 AsylG sind auch gerichtliche Entscheidungen über Anträge eines Ausländers auf (einstweilige) Verpflichtung einer Ausländerbehörde zur Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wenn die Ausländerbehörde die Abschiebung auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG vollzieht.

(Amtliche Leitsätze, siehe genauso: VGH Bayern, Beschluss vom 15.10.2024 – 10 CE 24.1526, 10 C 24.1527 – asyl.net: M32830)

Schlagwörter: Duldung, Beschwerde, Asylverfahrensrecht, Aussetzung der Abschiebung, Beschwerdeausschluss, inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, Aufenthaltsrecht,
Normen: AsylG § 80, VwGO § 133, VwGO § 146
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist - entsprechend der richtigen Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung - nach § 80 AsylG ausgeschlossen und daher unstatthaft.

Nach § 80 AsylG in der zuletzt durch Art. 2 Nr. 14 des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 [...] können nicht nur Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz [...], sondern nunmehr auch Entscheidungen über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung (§ 34 AsylG) oder der Abschiebungsanordnung (§ 34a AsylG) nach dem Aufenthaltsgesetz (Var. 2) vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 VwGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Ziel der Erweiterung des Beschwerdeausschlusses ist es, gesetzliche Regelungen, die Abschiebungsmaßnahmen verhindern oder zumindest erschweren, anzupassen und Rückführungen effektiver zu gestalten [...].

Eine Maßnahme zum Vollzug der Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG oder der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nach dem Aufenthaltsgesetz ist gemäß § 58 Abs. 1 AufenthG die Abschiebung. Entscheidungen über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG oder der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nach dem Aufenthaltsgesetz im Sinne des § 80 Var. 2 AsylG sind daher auch gerichtliche Entscheidungen über Anträge eines Ausländers auf (einstweilige) Verpflichtung einer Ausländerbehörde zur Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wenn die Ausländerbehörde die Abschiebung auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG vollzieht [...]. Hierfür ist es unerheblich, ob der Ausländer die Aussetzung der Abschiebung aus Gründen begehrt, die materiell-rechtlich im Aufenthaltsgesetz geregelt sind, die sich gegen die Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung richten oder die auf die Durchsetzung von Titelerteilungsansprüchen im Bundesgebiet gerichtet sind [...]. Zwar liegt insoweit keine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz im Sinne des § 80 Var. 1 AsylG vor. Der Beschwerdeausschluss nach § 80 Var. 2 AsylG verlangt das Vorliegen einer solchen Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz aber nicht. Zwar führen Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 20/9463, 20/9642 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (BT-Drs. 20/10090, S. 22) aus, dass mit der Gesetzesänderung bewirkt wird, "dass bei Rechtsstreitigkeiten nach erfolglosem Asylverfahren, in denen die asylrechtliche Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnungen durch die zuständigen Behörden nach dem Aufenthaltsgesetz vollzogen werden und in denen der Streitgegenstand als asylrechtlich anzusehen ist, die Beschwerde vorbehaltlich der Anfechtung der Nichtzulassung der Revision ausgeschlossen ist" (Hervorhebung durch den Senat). Das Erfordernis eines asylrechtlichen Streitgegenstands hat im Wortlaut des § 80 Var. 2 AsylG aber keinerlei Niederschlag gefunden. Auch widerspräche es ersichtlich dem mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz verfolgten Ziel des Gesetzgebers. Letztlich würde ein solches Erfordernis den Sinn des Beschwerdeausschlusses nach § 80 Var. 2 AsylG entleeren, wäre bei Vorliegen eines asylrechtlichen Streitgegenstands und damit einer Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz doch bereits der seit jeher etablierte Beschwerdeausschluss nach § 80 Var. 1 AsylG einschlägig.

Nach diesem Maßstab ist die Beschwerde hier nach § 80 Var. 2 AsylG ausgeschlossen. Nach den Feststellungen in der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung vollzieht der Antragsgegner als Ausländerbehörde ausschließlich vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber den Antragstellern erlassene asylrechtliche Entscheidungen im Sinne des § 80 Var. 2 AsylG [...]. Die Antragsteller begehren die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit [...]