Kosten der Behandlung einer Diabeteserkrankung in Nigeria:
1. Diabetes mellitus Typ 2 ist eine schwere und lebensbedrohliche Erkrankung, die unbehandelt zum Tod oder schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen führen kann. Diabetes ist zwar in Nigeria grundsätzlich behandelbar, die Kosten für die Tabletten Metformin und Sitagliptin betragen 18.500 Naira bzw. 23.800 Naira (im Jahr 2022), eine allgemein- oder fachärztliche Konsultation kostet etwa 66.400 Naira.
2. Einer alleinstehenden Frau im fortgeschrittenen Alter mit gesundheitlichen Einschränkungen wird es bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht möglich sein, ohne soziales Netzwerk Medikamente und Arztbesuche zur Behandlung eines Diabetes mellitus zu finanzieren.
(Leitsätze der Redaktion)
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Die Klägerin leidet ausweislich des eingereichten Arztbriefes an Diabetes mellitus, das mit Metformin-Tabletten und Sitagliptin-Tabletten behandelt wird. Dabei handelt es sich um eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Bei Diabetes mellitus Typ 2 handelt es sich auch um eine schwerwiegende und lebensbedrohliche Erkrankung. Gänzlich unbehandelt kann die Erkrankung gerichtsbekanntermaßen zum Tod oder zumindest zu schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen führen. Mithin kommt es vorliegend darauf an, ob der Klägerin im Falle einer Rückkehr nach Nigeria zeitnah eine Behandlung ihrer Diabetes mellitus Typ 2, also vor allem eine zeitnah einsetzende und verlässliche Versorgung mit den benötigten Medikamenten, auch tatsächlich zur Verfügung stehen wird und insbesondere finanzierbar ist.
Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln ist die bei der Klägerin vorhandene Diabetes-Erkrankung zwar in Nigeria grundsätzlich behandelbar, jedoch ist das Gericht der Überzeugung, dass es der Klägerin als alleinstehender Frau im für nigerianische Verhältnisse mehr als fortgeschrittenen Lebensalter ohne soziales Netzwerk im Falle einer Rückkehr nach Nigeria nicht möglich sein wird, die für sie erforderliche medikamentöse Dauer-Behandlung der Diabetes-Erkrankung fortzusetzen sowie die regelmäßig erforderliche ärztliche Untersuchung dauerhaft sicherzustellen.
Die Klägerin war zuletzt 2018 in Nigeria und hat dort keinerlei Angehörige oder ein anderweitiges soziales Netzwerk. Ihr ist es vor der Ausreise bereits kaum gelungen, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie hat um Lebensmittel gebettelt und gelegentlich kleinere Tätigkeiten im Bereich der Landwirtschaft und Reinigungsarbeiten verrichtet. Hinzu kommt, dass die Klägerin in Deutschland in einen Unfall verwickelt war, bei dem sie weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geringen Ausmaßes davontrug. So kann sie nunmehr ihren rechten Arm kaum heben und klagt über dauerhafte Rückenschmerzen. Insgesamt wirkt sie in ihrer Mobilität (wovon sich das Gericht einen persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung verschaffen konnte) deutlich eingeschränkt. Für das Gericht ist es daher nicht ersichtlich, dass die Klägerin in Nigeria in der Lage wäre, erneut überhaupt ihren Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten - zumal diese im informellen Sektor häufig durch körperliche Tätigkeiten geprägt sein dürften - zu sichern. Angesichts dessen wird sich die Klägerin die zur Behandlung einer Diabeteserkrankung notwendigen Medikamente im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria nicht leisten können. So kostet derzeit allein eine Packung des mehrmals täglich einzunehmenden Metformin mit 120 Tabletten ca. 18.500 Naira (https://onehealthng.com/product/metformin-glucophage-sandoz-1000mg). Eine Packung Sitagliptin mit ca. 56 Tabletten kostete bereits im Jahr 2022 durchschnittlich etwa 14,7 USD (entspricht aktuell etwa 23.800 Naira). Die Konsultation eines Allgemein- oder Facharztes kostet etwa 41 USD (entspricht aktuell etwa 66.400 Naira), wobei Laboruntersuchungen etc. noch nicht inbegriffen sind (zu dem Ganzen euaa, medical country of origin information report: nigeria, April 2022 S. 56 ff).
Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse zur medizinischen Versorgung von Diabetes- Erkrankungen in Nigeria und der Verfügbarkeit der erforderlichen Medikamente, der hiermit verbundenen Kosten sowie der persönlichen Umstände der Klägerin ist auszuschließen, dass diese in der Lage wäre, für sich zu sorgen und daneben ihre erforderliche medizinische Behandlung zu organisieren bzw. zu finanzieren. [...]