LG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 13.05.2024 - 2-21 T 84/24 - asyl.net: M32457
https://www.asyl.net/rsdb/m32457
Leitsatz:

Beiordnung eines Anwalts bei Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam: 

1. Gemäß § 62d AufenthG ist Betroffenen vom Amts wegen für die Dauer des Verfahrens eine anwaltliche Vertretung beizuordnen. Ein Verfahren dauert über die amtsgerichtliche Entscheidung auch im Beschwerdeverfahren an. Wurde der Antrag auf Beiordnung vor Erledigung der Haftentscheidung (also vor der tatsächlichen Abschiebung) gestellt, ist auch noch im Beschwerdeverfahren beizuordnen. 

2. Gegen eine Beiordnung spricht nicht, dass die Hauptsache zwischenzeitlich erledigt ist und die Beiordnung gem. § 62d AufenthG nicht dem Zweck dient, dem Betroffenen nach seiner Abschiebung rechtsanwaltlichen Beistand im Verfahren zur Feststellung der Rechtswidrigkeit nach Erledigung der Hauptsache gem. § 62 Abs. 1 FamFG zu gewährleisten. 

3. Die Beiordnung kann auch beantragt werden, wenn die Haftanordnung vor Inkrafttreten des § 62d AufenthG (also vor dem 27.02.2024) ergangen ist. 

(Leitsätze der Redaktion) 

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Pflichtverteidigung, Pflichtanwalt, Beiordnung,
Normen: FamFG § 417, FamFG § 78, FamFG § 62 Abs. 1, AufenthG § 62d, ZPO § 121, ZPO § 127
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist auch begründet. Der Beschwerdeführer hatte mit Einlegung seiner Beschwerde und damit noch im Verfahren vor dem Amtsgericht einen Anspruch auf Beiordnung von Rechtsanwalt Fahlbusch.

Nach § 62d AufenthG stellt das Gericht zur richterlichen Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 AufenthG dem Betroffenen, der noch keinen anwaltlichen Vertreter hat, von Amts wegen für die Dauer des Verfahrens einen anwaltlichen Vertreter als Bevollmächtigten. Ein Verfahren dauert über die amtsgerichtliche Entscheidung auch im Beschwerdeverfahren an, sodass auch noch in diesem Verfahren beizuordnen ist, wenn der Antrag vor Erledigung der Haftentscheidung gestellt wird. [...]

Gegen die Beiordnung spricht auch nicht, dass die Hauptsache zwischenzeitlich erledigt ist und die Beiordnung nach § 62d FamFG nicht dem Zweck dient, dem Betroffenen nach Abschiebung rechtsanwaltlichen Beistand im Verfahren nach § 62 Abs. 1 FamFG (Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beiordnung) zu gewährleisten.

Da die Kammer in den Beschwerdeverfahren gegen die Nichtbeiordnung die Vorschriften der Zivilprozessordnung (entsprechend) anwendet, gilt auch hier, dass die Beiordnung noch nach Abschluss der Instanz ausgesprochen werden kann, soweit für tatsächlich vor der abschließenden Entscheidung über die Haft ein Anwalt aufgetreten ist (vgl. zu ähnlichen Fallgestaltungen: MüKoZPO/Wache, 6. Aufl. 2020, ZPO § 121 Rn. 37). [...]