VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 02.01.2024 - 38 L 280/23 A - asyl.net: M32100
https://www.asyl.net/rsdb/m32100
Leitsatz:

Mutterschutz steht Abschiebungsandrohung nicht entgegen:

"Auch wenn nunmehr unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine gesundheitlich bedingte Reiseunfähigkeit vor Erlass einer Abschiebungsandrohung zu berücksichtigen sein sollte (siehe Art. 5 lit. c] Rückführungs-RL 2008/115/EG), steht die Schwangerschaft einer Schutzsuchenden dem Erlass der Abschiebungsandrohung nicht entgegen.

Sowohl der (gesundheitlich begründete) vor- als auch der nachgeburtliche Mutterschutz (§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz) sind von solch temporärer Art, dass sie lediglich die Aufschiebung der Abschiebung zu begründen vermögen (siehe Art. 9 Abs. 2 Rückführungs-RL 2008/115/EG)."

(Amtliche Leitsätze; unter Bezug auf: EuGH, Beschluss vom 15.02.2023 – C-484/22 BR Deutschland gg. GS – asyl.net: M31329)

Schlagwörter: Schwangerschaft, Mutterschutz, Abschiebungsandrohung, Georgien, Rückkehr, inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, Rückführungsrichtlinie,
Normen: RL 2008/115/EG Art. 5 Bst. c, RL 2008/115/EG Art. 9 Abs. 2, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1, MuSchG § 1 Abs. 1, MuSchG § 3 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

14 4. Schließlich bestehen keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Abschiebungsandrohung. Die erfolgte Verbindung der Ablehnung des Asylbegehrens mit der Abschiebungsandrohung ist im Ergebnis angesichts der erfolgten Aussetzung der Vollziehung nicht zu beanstanden (vgl. Berlit, jurisPR-BVerwG 15/2020 Anm. 1).

15 Sollte nunmehr unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine gesundheitlich bedingte Reiseunfähigkeit vor Erlass einer Abschiebungsandrohung zu berücksichtigen sein (siehe nach Art. 5 lit. c) Rückführungs-RL 2008/115/EG) ergibt sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der gegenüber der Antragstellerin zu 1.) erlassenen Abschiebungsandrohung. Eine solche Reiseunfähigkeit wurde nämlich nicht glaubhaft gemacht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem eingereichten Mutterpass.

16 Zwar werden dort Probleme der Schwangerschaft aufgeführt (z.B. besondere soziale Belastung, Komplikation bei der vorherigen Entbindung) diese sind aber nicht so gravierend, dass aus ärztlicher Sicht ein Schwangerschaftsrisiko im Mutterpass vermerkt wurde. Der (gesundheitlich begründete) vorgeburtliche Mutterschutz hat war bereits begonnen (§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz), sowohl der vor- als auch der nachgeburtliche Mutterschutz sind aber von solch temporärer Art, dass sie lediglich die Aufschiebung der Abschiebung zu begründen vermögen (siehe Art. 9 Abs. 2 Rückführungs-RL 2008/115/EG), nicht aber bereits dem Erlass einer Abschiebungsandrohung entgegenstehen.

17 Ferner streitet das Gebot der Berücksichtigung der familiären Bindungen (Art. 5 lit. b] Rückführungs-RL 2008/115/EG) nicht für die Antragstellerinnen. Die Antragstellerin zu 1.) ist nicht mit ihrem Lebensgefährten durch eine eheliches Band verbunden, er ist nicht der Vater der Antragstellerin zu 2.). Es bedarf daher keiner Klärung, ob er derzeit durch sein Asylverfahren ein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland hat. [...]