Bei Unerreichbarkeit anwaltlichen Beistands ist nur eine vorläufige einstweilige Haftanordnung zulässig
Ist dem Gericht bekannt, dass die betroffene Person anwaltlich vertreten wird, die Teilnahme der Anwältin/des Anwalts bei der Anhörung jedoch nicht kurzfristig möglich, so darf das Gericht nur eine kurzfristige Haftanordnung erlassen und muss versuchen, die Anhörung der betroffenen Person mit anwaltlichem Beistand nachzuholen. Andernfalls ist die Haft rechtswidrig.
(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf: BGH, Beschluss vom 25.10.2018 - V ZB 69/18 - bundesgerichtshof.de; BGH, Beschluss vom 03.07.2018 - V ZB 96/18 - bundesgerichtshof.de)
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Mit Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 17.02.2022 wurde gegen den Betroffenen im Wege der einstweiligen Anordnung Haft bis zu seiner Rücküberstellung in die Republik Rumänien angeordnet. Die Haftdauer wurde zunächst bis zum 30.03.2022 befristet. [...]
Die Beschwerde ist auch begründet, weil die Verfahrensweise des Amtsgerichts den Betroffenen in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt hat.
Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen. [...]
Erfährt der Haftrichter vor oder während des Anhörungstermins, dass der Betroffene einen Rechtsanwalt hat, muss er dafür Sorge tragen, dass dieser von dem Anhörungstermin in Kenntnis gesetzt wird und an der Anhörung teilnehmen kann. Ist eine Teilnahme an dem schon anberaumten Anhörungstermin nicht möglich, ist ein neuer Termin zu bestimmen. Bis dahin kann über die Anordnung von Haft nur vorläufig im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 427 FamFG) entschieden werden (BGH, Beschl. v. 25.10.2018-V ZB 69/18).
Vorliegend war dem zuständigen Richter beim Amtsgericht Hof bei Erlass der Entscheidung vom 29.03.2022 bekannt, dass der Betroffene durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. So hat das Gericht vor dem Termin am 29.03.2022 gegen 11:15 Uhr mit Herrn Rechtsanwalt Fahlbusch telefonisch Kontakt aufgenommen und die Sach- und Rechtslage erörtert. Im Rahmen dieses Telefonates bat der Verfahrensbevollmächtigte um eine Entscheidung im Wege der einstweiligen Anordnung, da ihm eine Terminsteilnahme am festgesetzten Tage nicht möglich war. Dementsprechend hat das Amtsgericht Hof mit seiner Entscheidung vom 29.03.2022 obiger Rechtsprechung zufolge zunächst korrekt im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden.
Vorliegend hat die Verfahrensweise des Amtsgerichts den Betroffenen dennoch in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Da Rechtsanwalt Fahlbusch zunächst nicht in der Lage war, an dem vom Gericht bestimmten Anhörungstermin teilzunehmen, hätte das Amtsgericht die Haft im Wege der einstweiligen Anordnung nur für kurze Zeit anordnen dürfen (BGH Beschluss vom 03.07.2018 Az. V ZB 96/18). Der vom Amtsgericht gewählte Zeitraum von 5 Wochen war hier zu lang bemessen. Vielmehr hätte die einstweilige Anordnung auf einen kürzeren Zeitraum befristet werden und versucht werden müssen, alsbald die Anhörung des Betroffenen im Beisein seines Rechtsanwaltes nachzuholen und eine Entscheidung in der Hauptsache zu treffen.
Indem das Amtsgericht Hof jedoch die einstweilige Anordnung auf 5 Wochen befristet und bis zur Abschiebung des Betroffenen am 27.04.2022 keinerlei Versuche unternommen hat, die Anhörung des Betroffenen nachzuholen und eine Hauptsacheentscheidung herbeizuführen, hat der Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 29.03.2022 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, was entsprechend festzustellen war. [...]