VG Meiningen

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Zitieren als:
VG Meiningen, Urteil vom 25.04.2023 - 8 K 829/19 Me - asyl.net: M31580
https://www.asyl.net/rsdb/m31580
Leitsatz:

Ableitung von Familienschutz vom Kind trotz Geburt im Aufnahmeland:

Die Eltern können von ihren Kindern, denen subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, Familienschutz ableiten, auch wenn die Kinder nicht im Herkunftsland geboren sind. Für die Feststellung des Merkmals des Bestehens der Familie ist es ausreichend, wenn zwischen der Kernfamilie bzw. den Eltern als Grundgerüst der Familie bereits im Herkunftsland eine feste Bindung in Form eines ehelichen Familienverbundes bestand.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Familienschutz, in Deutschland geborenes Kind, internationaler Schutz in EU-Staat,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2, AsylG § 26 Abs. 3, Abs. 5, AsylG § 4, AufenthG § 60 Abs. 5, AufenthG § 60 Abs. 7,
Auszüge:

[...]

1. Den Klägern zu 1) und 2) steht ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes gem. § 26 Abs. 3, Abs. 5 AsylG aus abgeleitetem Recht zu.

Das Bundesamt hat den in Deutschland geborenen Kindern der Kläger zu 1) und 2) einen subsidiären Schutzstatus zuerkannt. Aufgrund des ermittelten Sachverhalts geht das Bundesamt davon aus, dass den Kindern im Herkunftsland Syrien ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

Der Schutzstatus der minderjährigen, ledigen Kinder leitet sich auf die Kläger zu 1) und 2) ab. Dabei gilt § 26 Abs. 3 AsylG auch für minderjährige Kinder, die erst im Ausland geboren werden.

Das Merkmal des "Bestehens der Familie" im Herkunftsland gem. § 26 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AsylG bezieht sich dabei, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht darauf, dass das minderjährige Kind bereits im Herkunftsland geboren sein muss.

Vielmehr ist es ausreichend - aber auch notwendig - dass zwischen der Kernfamilie bzw. den Eltern als Grundgerüst der Familie bereits im Herkunftsland eine feste Bindung in Form eines ehelichen Familienverbundes bestand (vgl. OVG Koblenz, B. v. 25.07.2022 - 13 A 11241/21.OVG -, juris, Rn. 36; VG Freiburg (Breisgau), U. v. 09.10.2018 - A 1 K 3294/17 -, VG des Saarlandes, U. v. 12.07.2018 - 3 K 1401/17 - und VG Sigmaringen, U. v. 19.05.2017 - A 3 K 3301/16 -, alle juris, sowie Bergmann, in: Bergmann/Dienelt [Hrsg.], Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 26 AsylG Rn. 16, und Günther, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: Oktober 2021, § 26 AsylG Rn. 23b; a.A.: OVG Magdeburg, B. v. 15.02.2022 - 4 L 85/21 -, OVG Münster, B. v. 25.08.2017 - 11 A 687/17.A -, VG Hamburg, U. v. 20.02.2019 - 16 A 146/18 - und VG Würzburg, Urt. v. 29.08.2017 - W 4 K 17.31679 -, alle juris, sowie Marx, AsylG, 11. Aufl. 2022, § 26 Rn. 39, Epple, in: GK-AsylG, Stand: Juli 2022, § 26 Rn. 63 f. [63.1] m. w. N. und Hailbronner, in: Hailbronner [Hrsg.], Ausländerrecht, Stand: August 2021, § 26 AsylG Rn. 74 m.w.N.). [...]