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VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 30.12.2021 - 5 A 692/21.Z - asyl.net: M30565
https://www.asyl.net/rsdb/m30565
Leitsatz:

Feststellung der Staatsangehörigkeit für die Einbürgerung nach Stufenmodell:

"Es spricht viel dafür, das Stufenmodell zur Identitätsfeststellung aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 2020 - 1 C 36.19 - auf die Feststellung der Staatsangehörigkeit des Einbürgerungsbewerbers anzuwenden. Denn sowohl die Feststellung der Identität als auch die Feststellung der Staatsangehörigkeit des Einbürgerungsbewerbers sind zwingende Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StAG [...]. Zudem beeinflussen Identität und Staatsangehörigkeit einander gegenseitig."

(Amtliche Leitsätze; in Anlehnung an: BVerwG, Urteil vom 23.09.2020 - 1 C 36.19 - asyl.net: M29222)

Schlagwörter: Einbürgerung, Identitätsfeststellung, Identitätsklärung, Staatsangehörigkeit, Stufenmodell, Staatenlosigkeit,
Normen: StAG § 10 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

5 Soweit der Kläger vorträgt, die unveränderte Übertragung der Grundsätze zur Identitätsfeststellung aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Staatsangehörigkeit sei rechtsfehlerhaft, weckt dies keine Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Dies gilt auch für das Vorbringen, die Prüfung der Identität diene der Vorbereitung von Statusfragen, sei also von der Prüfung der Staatsangehörigkeit zu trennen.

6 Die Anwendung des Stufenmodells zur Identitätsfeststellung auf die Feststellung der Staatsangehörigkeit folgt der systematisch gleichwertigen Stellung der Identität und der Staatsangehörigkeit in § 10 Abs. 1 StAG. Denn die geklärte Staatsangehörigkeit ist in der für den Kläger maßgeblichen aktuellen Fassung vom 20. August 2021 (BGBl. I, Nr. 54, S. 3538 ff.) und auch in der für das Verwaltungsgericht maßgeblichen Fassung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I, Nr. 29, S. 1328) nicht mehr nur für die Statusprüfung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG relevant, sondern in der Einleitung des § 10 Abs. 1 StAG neben der geklärten Identität eine allgemeine Voraussetzung für die Einbürgerung. Nach § 10 Abs. 1 StAG ist ein Ausländer einzubürgern, "wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind". Diese allgemeinen Voraussetzungen wurden in Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Identitätsfeststellung eingeführt (BT-Drs. 19/11083, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat, S. 11, 12; siehe auch BVerwG, Urteil vom 23. September 2020 a.a.O., Rn. 10). Dabei wurde bewusst auch die geklärte Staatsangehörigkeit als zwingende Einbürgerungsvoraussetzung aufgenommen, weil ihr eine vergleichbare Bedeutung wie der geklärten Identität zukomme (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat a.a.O.). Außerdem beeinflussen die Staatsangehörigkeit und die Identität einander wechselseitig. Denn die identitätsbildenden Kriterien wie etwa die Namensvergabe, Familienstand oder Titel hängen vom anwendbaren Recht desjenigen Staates ab, dem der Betroffene angehört (vgl. nur zur Namensführung Art. 10 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche - EGBGB -). [...]