OLG München

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Zitieren als:
OLG München, Beschluss vom 09.05.2005 - 34 Wx 037/05 - asyl.net: M6668
https://www.asyl.net/rsdb/M6668
Leitsatz:
Schlagwörter: Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Haftgründe, Minderjährige, Beschleunigungsgebot, Verhältnismäßigkeit
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2
Auszüge:

Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslange der Betroffenen hat gemäß § 16 Satz 1 FEVG die kreisfreie Stadt F., der die Ausländerbehörde angehört, zu tragen. Die Haftanordnung wäre nämlich aufzuheben gewesen, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte. Ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages lag nicht vor.

a) Allerdings haben die Vorinstanzen zur Recht festgestellt, dass die Betroffenen vollziebar ausreisepflichtig und der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG gegeben war (wechselnde Alias-Personalien, offensichtliche Unrichtigkeit der Angaben bezüglich Nationalität und Herkunftsland). Bei einem erwachsenen Betroffenen wäre unter solchen Umständen die Anordnung und Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft zulässig gewesen, da die Täuschung über die Identität den Verdacht begründet, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen (BayObLG Beschluss vom 6.3.2000, 3Z BR 62/00 = OLG-Report 2000, 56).

b) Die Vorinstanzen sind zur Person verfahrensfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Betroffene im Oktober 1988 geboren und somit minderjährig ist.

Die Minderjährigkeit eines Ausländers schließt nicht generell die Anordnung von Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG aus (BayObLG Beschluss vom 26.6.2003, 4Z BR 38/03; BayObLGZ 2000, 203, jeweils zu § 57 Abs. 2 AuslG; OLG München Beschluss vom 28.4.2005, 34 Wx 45/05). Jedoch sind erhöhte Anforderungen an die Beachtung des Beschleunigungsgebots und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu stellen. Minderjährige sind besonders schutzbedürftig. Sie werden durch den Vollzug der Haftanordung typischerweise erheblich betroffen und können dadurch dauerhafte psychische Schäden davontragen. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wird es deshalb regelmäßig erfordern, dass die Ausländerbehörde prüft, ob mildere Mittel als Haft zur Sicherung des zwangsweisen Ausreise in Betracht kommen, z.B. die Unterbringung in einer Jugendeinrichtung (vgl. OLG Köln Beschluss vom 11.9.2002, 16 Wx 164/02, bei Melchior, Abschiebungshaft, Anhang; Beschluss vom 5.2.2003, 16 Wx 247/02 = OLGR Köln 2003, 193; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.8.2004, 20 W 245/04, bei Melchior, Abschiebungshaft, Anhang; KG Berlin Beschluss vom 18.3.2005, 26 W 84/04). Falls die Ausländerbehörde solche Möglichkeiten nicht sieht, hat sie dies im Einzelnen darzulegen.