VG Meiningen

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Zitieren als:
VG Meiningen, Urteil vom 21.12.2010 - 8 K 20127/10 Me - asyl.net: M18022
https://www.asyl.net/rsdb/M18022
Leitsatz:

Verurteilung des BAMF zur Durchführung des Asylverfahrens. Deutschland ist nach Art. 7 Dublin II-VO zuständig, da die Ehefrau des Asylbewerbers Kontingentflüchtling ist. Kontingentflüchtlinge haben die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings nach der GFK. Das BAMF ist daher verpflichtet, das Selbsteintrittsrecht auszuüben, nachdem die Ablehnung des Übernahmeersuchens von Polen verfristet war.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, Polen, Familieneinheit, Schutz von Ehe und Familie, Kontingentflüchtling, Visum, Genfer Flüchtlingskonvention, anerkannter Flüchtling, Selbsteintritt
Normen: AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VO 343/2003 Art. 9, VO 343/2003 Art. 7, VO 343/2003 Art. 2 Bst. g, VO 343/2003 Art. 3 Abs. 2
Auszüge:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens in Deutschland, der Bescheid der Beklagten vom 26.05.2010 ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Asylantrag des Klägers ist entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht gemäß § 27a AsylVfG unzulässig. Nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin II-Verordnung) ist Deutschland für die Prüfung des Asylantrages des Klägers zuständig. Nach dieser Vorschrift ist - sofern der Asylbewerber dies wünscht - der Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, in dem der Asylbewerber einen Familienangehörigen hat, dem das Recht auf Aufenthalt in diesem Mitgliedsstaat in seiner Eigenschaft als Flüchtling gewährt wurde.

Flüchtling im Sinne der Dublin II-Verordnung ist nach deren Artikel 2 g jeder Drittstaatsangehörige, dem die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt und der Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates in dieser Eigenschaft gestattet wurde.

Die in Erfurt lebende Ehefrau des Klägers ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG. Sie ist als Kontingent-Flüchtling im Jahre 2007 aus Georgien in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Kontingent-Flüchtlinge haben die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings nach Artikel 2 bis 34 der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Renner, Kommentar zum Ausländerrecht, 8. Auflage, § 1 AsylVfG, Rdnr. 28 a.E.). Demzufolge ist die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 7 Dublin II-Verordnung für die Prüfung des Asylantrages des Klägers zuständig, da er dies wünscht. Die Beklagte ist verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben. [...]