LSG Niedersachsen-Bremen

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Zitieren als:
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.11.2010 - L 8 AY 146/09 B - asyl.net: M17879
https://www.asyl.net/rsdb/M17879
Leitsatz:

Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Blick auf den Vorlagebeschluss des LSG NRW vom 26.07.2010 - L 20 AY 13/09 [ASYLMAGAZIN 10/2010, S. 353 ff.] an das BVerfG (dortiges Az. 1 BvL 10/10) im AsylbLG-Verfahren.

Zwar ist für den Fall, dass das BVerfG die Vorschrift des § 3 Abs. 2 AsylbLG für verfassungswidrig erklärt, zu erwarten, dass die Vorschrift des § 3 Abs. 2 AsylbLG bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber für weiter anwendbar erklärt wird. Bei einer Kostenentscheidung wäre die Verfassungswidrigkeit jedoch angemessen zu berücksichtigen, was entsprechend bei einer Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu beachten ist.

Schlagwörter: Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Analogleistungen, Prozesskostenhilfe, Vorbezugsfrist
Normen: AsylbLG § 2, AsylbLG § 3 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Der 1972 geborene Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehrt im Hauptsacheverfahren Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - sog. Analogleistungen - anstelle der ihm gewährten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Die Beklagte hatte einen Widerspruch gegen Leistungen für Dezember 2006 bis November 2007 betreffende Bescheide mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2009 zurückgewiesen und dabei ausgeführt, der Kläger habe die erforderliche Vorbezugszeit von Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht erfüllt. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat mit Beschluss vom 6. November 2009 (zugestellt am 13. November 2009) den am 26. März 2009 zusammen mit der Klage gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt; hiergegen richtet sich die am 9. Dezember 2009 eingelegte Beschwerde des Klägers. [...]

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hält die Vorschrift des § 3 Abs. 2 AsylbLG für verfassungswidrig und hat deshalb das Verfahren L 20 AY 13/09 mit Beschluss vom 26. Juli 2010 ausgesetzt und es dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt (dortiges AZ 1 BvL 10/10). Die Vorlage betrifft damit die Frage, ob die Höhe der sog. Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG (seit 1993 unverändert 360,00 DM) verfassungsgemäß ist. Diese Frage ist auch hier entscheidungsrelevant. Selbst wenn der Kläger mit seinem Anliegen scheitern sollte, Analogleistungen anstelle von Grundleistungen zu erhalten, ist ein höherer Leistungsanspruch jedenfalls nicht ausgeschlossen, falls das BVerfG auf den Vorlagebeschluss des LSG Nordrhein-Westfalen die Vorschrift des § 3 Abs. 2 AsylbLG für verfassungswidrig erklärt. Für diesen Fall ist zwar zu erwarten, dass das BVerfG (wie im Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09 u.a., NJW 2010, 505, hinsichtlich der Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchenden - <SGB II>) die Vorschrift bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber für weiter anwendbar erklärt. Bei einer Kostenentscheidung wäre die Verfassungswidrigkeit jedoch auch dann angemessen zu berücksichtigen (vgl. hierzu BVerfG a.a.O. RdNr. 219), entsprechendes gilt bei einer Entscheidung über die Bewilligung von PKH.

Unabhängig davon sollten die Beteiligten erwägen, diesen Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Dem Kläger steht unter Berücksichtigung der tatsächlich erhaltenen Leistungen ab dem 18. November 2009 ein Anspruch auf Analogleistungen zu. Würde er in diesem Verfahren obsiegen, verschöbe sich die Vorbezugsdauer, er erhielte dann erst später - wieder - Analogleistungen. [...]