VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Beschluss vom 29.09.2010 - 3 B 2500/10 - asyl.net: M17623
https://www.asyl.net/rsdb/M17623
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland bis eine Woche nach Zustellung des Dublin-Bescheids mit der Abschiebungsanordnung. Das Gericht hält es für sachgerecht und ausreichend, mit dieser an § 58a Abs. 4 AufenthG orientierten Frist sicherzustellen, dass der Antragsteller eine künftige Abschiebungsanordnung und deren Vollzug nicht weitgehend rechtsschutzlos hinnehmen muss, sondern - angesichts der Zustellungspraxis des BAMF - in die Lage versetzt wird, hiergegen ggf. rechtzeitig vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Anspruch zu nehmen.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, einstweilige Anordnung, Zustellung
Normen: VwGO § 123 Abs. 1, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, AufenthG § 58a Abs. 4
Auszüge:

[...]

Offen ist nach summarischer Prüfung allerdings, ob der Zulässigkeit des Antrags § 34a Abs. 2 AsylVfG entgegensteht, er deshalb also nicht statthaft ist.

Soll ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Dabei ist die Rückführung bzw. Überstellung eines Ausländers in einen anderen zuständigen Mitglied- bzw. Vertragsstaat nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG i.V.m. § 34a AsylVfG zulässig (vgl. Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand Januar 2010, § 27a Rdnr. 9).

Zwar ist es zutreffend, dass die Vorschrift des § 34a Abs. 2 AsylVfG, die restriktiv auszulegen ist, nur für die Abschiebung gilt, die nach § 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnet worden ist. Sie gilt damit nicht für eine Abschiebungsanordnung, die noch nicht wirksam erlassen worden ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2316/93 -, juris Rdnr. 234, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BVerfGE 94, 49 = NVwZ 1996, 700, Nds. OVG, Beschluss vom 6. Januar 2010 - 11 ME 588/09 -, juris, Rdnr. 4; VG Hannover, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 13 B 6047/09 -, juris, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist aber, dass in den Fällen, in denen der Inhalt einer einstweiligen Artordnung aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) - wie hier - einen Zeitraum erfasst, in dem eine Abschiebungsanordnung bereits wirksam bekanntgegeben worden ist, der Anwendungsbereich des § 34a Abs. 2 AsylVfG grundsätzlich berührt sein dürfte (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 26 Januar 2010 - 3 B 3361/09 V.n.b.). [...]

Zwar kann ein Antrag auf Gewährung vorläufigen bzw. einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur Erfolg haben, wenn seine Zulässigkeit bejaht werden kann. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich die Mitglieder der 3. Kammer hinsichtlich der Republik Griechenland angeschlossen haben (vgl. Beschlüsse vom 9. November 2009 - 3 B 2837/09, Juris, mit Veröffentlichungshinweis auf AuAS 2010, 8 = NVwZ 2010, 200; 12. November 2009, 3 B 2496/09 - und 18. November 2009 - 3 B 2938/09 -, st. Rspr.), ist es für den Einstieg in die Prüfung der Begründetheit des Antrags aber ausnahmsweise ausreichend, dass bezüglich des Gegenstands dieser aktuellen Rechtsprechung die Zuständigkeit im Hinblick auf § 34a Abs. 2 AsylVfG offen ist (vgl. im Ergebnis ebenso VG Oldenburg, Beschlüsse vom 12. und 19. November 2009, a.a.O.) [...]

Das Gericht hält es für sachgerecht und ausreichend, mit der sich aus dem Tenor dieser Entscheidung ergebenden Regelung, bei der es sich hinsichtlich der dort genannten Frist an § 58a Abs. 4 AufenthG orientiert hat, sicherzustellen, dass der Antragsteller eine künftige Abschiebungsanordnung der Antragsgegnerin und deren Vollzug nicht weitgehend rechtsschutzlos hinzunehmen hätte, sondern in die Lage versetzt wird, hiergegen gegebenenfalls rechtzeitig vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in Anspruch zu nehmen. [...]

Die Antragsgegnerin ist danach gehalten, durch geeignete Instruktionen gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde sicherzustellen, dass im Falle des Erlasses einer Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Griechenland die Entscheidung des Gerichts befolgt wird. [...]