UNHCR fordert Aussetzungen von "Dublin-Überstellungen" nach Ungarn

UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi hat dazu aufgerufen, Überstellungen von Asylsuchenden nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Verordnung auszusetzen. Hintergrund ist das Inkrafttreten eines neuen Asylgesetzes in Ungarn, durch das sich nach Einschätzung von UNHCR die Situation Asylsuchender "noch einmal verschlechtert" habe. Berichten zufolge sollen Asylsuchende aus Deutschland nur noch nach Ungarn überstellt werden, wenn die dortigen Behörden im Einzelfall garantieren, dass die betroffene Person in Ungarn eine europarechtskonforme Behandlung erfahren wird.

In einer Pressemitteilung vom 10. April 2017 weist UNHCR darauf hin, dass nach dem neuen Gesetz die Internierung von Asylsuchenden als "Notfallmaßnahme" ausgeweitet werde (siehe zum neuen Asylgesetz in Ungarn auch die Nachricht vom 17. März 2017).

Auf der Grundlage des neuen Gesetzes seien Asylsuchende bereits in Frachtcontainern interniert worden, die von hohen Stacheldrahtzäunen umgeben sind. So seien am 7. April 110 Menschen in den Containern untergebracht gewesen, einschließlich vier unbegleiteter Minderjähriger sowie Familien mit Kindern.

Filippo Grandi äußerte sich zudem besorgt über Berichte von Misshandlungen und Gewalt auch von Behördenmitarbeitern gegenüber Menschen, die versuchen die Grenze nach Ungarn zu überqueren.

Laut Informationen der Flüchtlingsräte Schleswig-Holstein und Niedersachsen hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterdessen die Bundesländer darüber informiert, dass Überstellungen nach Ungarn nur noch stattfinden sollen, wenn im Einzelfall "Garantieerklärungen" der ungarischen Seite vorliegen. Demnach müssten die ungarischen Behörden in jedem Einzelfall zusichern, dass aus Deutschland überstellte Personen Zugang zum Asylverfahren hätten und sie im Einklang mit den Richtlinien der EU untergebracht und versorgt würden (siehe hierzu die Nachricht des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 11.4.2017 unter "Aktuelles"). Nach Einschätzung zahlreicher Gerichte konnte Ungarn dies schon vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes nicht in vollem Umfang garantieren. So hatten in jüngster Zeit auch mehrere Oberverwaltungsgerichte aufgrund "systemischer Mängel" in Ungarn die Aussetzungen von Überstellungen bestätigt (etwa OVG Saarland vom 9.3.2017 und OVG Niedersachsen vom 15.11.2016). Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob unter den von der Bundesregierung genannten Voraussetzungen künftig Überstellungen nach Ungarn möglich sein werden.


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