Nationales Anti-Folter-Gremium kritisiert Abschiebungsgewahrsam Büren

Die "Nationale Stelle zur Verhütung von Folter" hat in einem am 30. Oktober 2018 veröffentlichten Bericht die Umstände von Inhaftierungen im Abschiebungsgewahrsam Büren (Nordrhein-Westfalen) scharf kritisiert. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens wies die Kritik in einem zentralen Punkt zurück, ging in anderen Bereichen aber auch auf Verbesserungsvorschläge der Nationalen Stelle ein.

Die "Nationale Stelle zur Verhütung von Folter" ist ein unabhängiges Gremium, das nach den Vorgaben des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe eingerichtet wurde. Sie hat ihren Sitz in Wiesbaden. Die Nationale Stelle sucht regelmäßig Insitutionen auf, in denen freiheitsentziehende Maßnahmen durchgeführt werden.

Der Bericht zum Abschiebungsgewahrsam Büren basiert auf einem unangekündigten Besuch der Nationalen Stelle im Januar 2018. Dabei wurden verschiedene Bereiche der Einrichtung besichtigt und es wurden zahlreiche Gespräche geführt, darunter auch vertrauliche Gespräche mit Abschiebungshäftlingen.

Im Bericht wird der Außenbereich der Einrichtung ebenso positiv erwähnt wie der Umstand, dass die inhaftierten Personen Zugang zum Internet haben. Deutliche Kritik wird aber u.a. an den folgenden Aspekten geäußert:

  • Allgemein "restriktive Grundhaltung" in der Einrichtung und Angleichung der Haftbedingungen an die Bedingungen, die im Strafvollzug herrschen.
  • Fehlende Rechtsgrundlage für Einzelhaft: Bestimmte Personen werden in Büren in einer "Sicherungsstation" ohne Kontakt zu anderen Häftlingen untergebracht, die Bedingungen entsprechen der Einzelhaft im Justizvollzug. Hierfür sieht die Nationale Stelle aber keine ausreichende Rechtsgrundlage, sie fordert daher, dass die Einzelhaft in der Einrichtung bis zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage nicht vollzogen wird.
  • In einem Fall wurde die Einzelhaft allein mit dem "Gefährderstatus" des betroffenen Häftlings begründet, ein konkreter Anlass für die Anordnung besonderer Sicherheitsmaßnahmen lag aber offenbar nicht vor. Hier kritisierte die Nationale Stelle, dass offenbar keine Einzelfallentscheidung hinsichtlich der Notwendigkeit von Grundrechtseingriffen getroffen wurde.
  • Verletzungen der Intimsphäre durch vollständige Entkleidung bei Durchsuchungen und durch Kameraüberwachungen verschiedener Hafträume, inklusive des Toilettenbereichs.
  • Zum Zeitpunkt des Besuchs verfügte die Einrichtung nicht über qualifizierte psychologische Betreuung.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hatte vor der Veröffentlichung des Berichts Gelegenheit zur Stellungnahme. Darin weist sie den Vorwurf der fehlenden Rechtsgrundlage für die Anordnung von Einzelhaft zurück. Sie verneint auch, dass bei besonderen Sicherheitsmaßnahmen keine Einzelfallprüfung stattgefunden habe, vielmehr werde die Verhältnismäßigkeit grundrechtseinschränkender Maßnahmen stets geprüft. Einige konkrete Empfehlungen (z.B. Abkleben des Toilettenbereichs im Bildschirm der Videoüberwachung) der Nationalen Stelle wurden laut Stellungnahme der Landesregierung hingegen zwischenzeitlich umgesetzt.

Der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V." forderte in einer Pressemitteilung eine unabhängige Untersuchung der in dem Bericht genannten Missstände, auf die der Verein seit Langem hingewiesen habe. Er begrüßte, dass in dem Bericht der Nationalen Stelle ausdrücklich eine Zusammenarbeit zwischen der Einrichtung und dem Unterstützungsverein empfohlen werde. Da die Einrichtungsleitung in der Vergangenheit nur mit bestimmten Mitgliedern des Vereins habe reden wollen, hätten Gespräche bislang nicht stattgefunden.


Hinweis

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