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VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 29.08.2024 - M 17 K 23.30508 - asyl.net: M32770
https://www.asyl.net/rsdb/m32770
Leitsatz:

Grundsätzlich menschenrechtswidrige Bedingungen für Schutzberechtigte in Griechenland:

Anerkannt Schutzberechtigten drohen bei Rückkehr nach Griechenland nach wie vor menschenrechtsverletzende Verhältnisse. Insbesonder ist der Verweis auf eine Tätigkeit in der sogenannten "Schattenwirtschaft" unzulässig.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Griechenland, internationaler Schutz in EU-Staat, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Unzulässigkeit,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1, EMRK Art. 3
Auszüge:

[...]

27 Der Kläger als anerkannt Schutzberechtigter wird nach einer Rücküberstellung nach Griechenland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen seine elementarsten Bedürfnisse nicht befriedigen werden können und nicht in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu erwirtschaften. Da er auch nicht auf eine ausreichende Unterstützung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite hoffen kann, besteht für ihn das ernsthafte Risiko, obdachlos zu werden und in eine Situation extremer materieller Not zu geraten, so dass ihm eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK droht [...].

38 Soweit einige Gerichte die Betroffenen ohne weitere Differenzierung auf eine Tätigkeit im Bereich der Schattenwirtschaft verweisen (vgl. Sächsisches OVG, U.v. 15.3.2022 – 4 A 506/19.A –, juris Rn. 58; VG Hamburg, U.v. 28.6.2024 – 12 A 4023/22 – Rn. 72 ff., und U.v. 28.6.2024 – 12 A 4048/22 – Rn. 73 ff., jeweils juris) so folgt dem die erkennende Einzelrichterin nicht. Ein Mitgliedsstaat darf nicht auf Möglichkeiten und Optionen in einem anderen Mitgliedsstaat verweisen, die nicht nur nach den gemeinsamen europarechtlichen Regelungen – wie hier etwa durch Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates 2016/344/EU –, sondern auch nach den Vorschriften des betroffenen anderen Mitgliedsstaates illegal und zu bekämpfen sind – ganz abgesehen davon, dass der betroffene Asylantragsteller dadurch auch der Gefahr von Sanktionen dieses Mitgliedsstaates ausgesetzt ist [...].

43 Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger im Falle der Rückkehr nach Griechenland weder eine adäquate Unterkunft noch Arbeit finden oder Zugang zu materiellen Unterstützungsleistungen erhalten kann. Ihm wird es dort aller Voraussicht nach nicht möglich sein, eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt zu finden. Die Teilnahme an dem HELIOS-Programm wird für den Kläger nicht in Frage kommen, da etwaigen Rückkehrern aus dem Ausland eine Teilnahme offiziell nicht möglich ist. [...]