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LSG Hamburg

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Zitieren als:
LSG Hamburg, Beschluss vom 17.09.2024 - L 4 AY 11/24 B ER - asyl.net: M32723
https://www.asyl.net/rsdb/m32723
Leitsatz:

Durch die Begrenzung des Barbetrages bei AsylbLG-Leistungen, die per Bezahlkarte gewährt werden, droht kein wesentlicher Nachteil: 

Werden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz durch eine Bezahlkarte zur Verfügung gestellt, stellt dies keinen wesentlichen Nachteil dar, der durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung beseitigt werden müsste. So besteht im Rahmen des verfügbaren Barbetrages die Möglichkeit, Kleidung kostengünstiger zu erwerben.

(Leitsätze der Redaktion; Die Entscheidung des SG Hamburg, Beschluss vom 18.07.2024 - S 7 AY 410/24 ER - asyl.net: M32598 wurde mit der Entscheidung des LSG aufgehoben)

Schlagwörter: Bezahlkarte, einstweilige Anordnung, Asylbewerberleistungsgesetz,
Normen: SGG § 86b Abs. 2 Satz 2, AsylbLG § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2
Auszüge:

[...]

5 Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Der Senat hält es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragstellerin zu 3. wesentliche Nachteile drohen, wenn sie vorläufig für die Zeit ihres Aufenthalts in der Aufnahmeeinrichtung, in der der notwendige Bedarf überwiegend durch Sachleistungen gewährt wird, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache die ihr bewilligten Leistungen für die Bedarfserhöhung (notwendiger Bedarf Kind 0-3 Jahre in einer Erstaufnahmeeinrichtung) und den notwendigen persönlichen Bedarf nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auf eine Bezahlkarte erhält, für die eine Bargeldbeschränkung in Höhe von 10 Euro gilt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylbLG in der Fassung vom 8. Mai 2024 wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Bezahlkarten, Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Nach Satz 4 der Vorschrift soll der notwendige persönliche Bedarf in Aufnahmeeinrichtungen durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können nach Satz 5 Leistungen auch in Form von Bezahlkarten, Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden. Vor dem Hintergrund dieser einfachgesetzlichen Regelung vermag der Senat nicht zu erkennen, dass vorliegend bei Gewährung des Bedarfs in Form einer Bezahlkarte ein so wesentlicher Nachteil droht, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordert. Verfassungsrechtlich ist es grundsätzlich zulässig, das Existenzminimum durch Geld- aber auch durch Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11). Die Bezahlkarte ermöglicht es den Antragstellern zu 1. und 2., einen Teil der Leistungen für den persönlichen Bedarf der Antragstellerin zu 3. in bar abzuheben und mit dem restlichen Teil für Waren und Dienstleistungen überall dort zu bezahlen, wo eine Zahlung mit einer Visakreditkarte möglich ist. Damit verbleiben den Antragstellern zu 1. und 2. ausreichend Wahlmöglichkeiten, den Bedarf der Antragstellerin zu 3. zu decken. Möchte die Antragstellerin zu 1. gerne, wie von ihr vorgetragen, günstig Kleidung und Schuhe für die Antragstellerin zu 3. erwerben, so stehen ihr  diese Möglichkeiten, anders als bei der Gewährung von Sachleistungen, im Umfang der möglichen Bargeldabhebung offen. In der Begrenzung dieser konkreten Möglichkeiten liegt noch kein wesentlicher Nachteil, sondern dies ist der gesetzlich geregelten Zulässigkeit einer anderen Erbringung von Leistungen als durch Bargeld immanent. Auch im konkreten Fall der knapp zweijährigen Antragstellerin zu 3. sind in ihrer Person liegende Gründe, ausnahmsweise vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes auszugehen, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die geltend gemachten höheren Kosten für Waren und Dienstleistungen sowie der mit der Bezahlkarte verbundene Mehraufwand bei der Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs erreichen kein solches Gewicht, dass von einem wesentlichen Nachteil auszugehen ist. [...]