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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 23.07.2024 - XIII ZB 36/24 - asyl.net: M32655
https://www.asyl.net/rsdb/m32655
Leitsatz:

Sicherungshaft von 6 Monaten bei Straftätern zulässig: 

1. Die Anordnung einer Sicherungshaft von 6 Monaten ist auch dann zulässig, wenn zwar offen ist, ob die geplante Abschiebung tatsächlich durchführbar ist, von dem Betroffenen aber eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht. 

2. Bislang konnten Rückführungen nach Libyen über den Luftweg aufgrund von Risiken für die Personenbegleiter nicht vorgenommen werden. Es ist jedoch gut möglich, dass Rückführungen nach Libyen in absehbarer Zukunft wieder durchführbar sein werden. 

(Leitsätze der Redaktion) 

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Libyen, begleitete Abschiebung, Fluchtgefahr, Straftat, Sicherungshaft
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 S. 3
Auszüge:

[...]

b) Der Haftgrund der Fluchtgefahr ist gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Das Amtsgericht hat aufgrund der mehrfachen rechtskräftigen Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen und der Schilderungen der vom Betroffenen vorgenommenen Handlungen in den Urteilen rechtsfehlerfrei angenommen, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3b Nr. 3 und Nr. 4 AufenthG vorliegen. [...]

bb) Danach ist die angeordnete Haft nicht nach § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG unzulässig. Das Beschwerdegericht hat zwar ausgeführt, dass die Prognose zu § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG dahinstehen könne. Es ist jedoch im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haft zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der bereits getroffenen und noch geplanten Maßnahmen der Bundespolizei zur Durchführbarkeit von Rückführungen nach Libyen eine auf konkrete Tatsachen gestützte Aussicht bestehe, dass in nicht allzu ferner Zukunft begleitete Rückflüge nach Libyen durchgeführt werden können. Nach Einschätzung des Beschwerdegerichts ist die Durchführbarkeit der Abschiebung bis zum Ende der beantragten Haftzeit somit zwar ungewiss, aber nicht ausgeschlossen. Rechtsfehler lässt diese tatrichterliche Prognose nicht erkennen. [...]

d) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht vorliegt. Zwar sind auch die vor der Haftanordnung liegenden Zeiten relevant (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2020 - XIII ZB 21/20, juris Rn. 21 mwN). Nach den getroffenen Feststellungen bemüht sich aber die Bundespolizei bereits seit Herbst 2023 und somit kurz nachdem die Botschaft in Tripolis wiedereröffnet wurde, begleitete Rückflüge nach Libyen zu ermöglichen. [...]