Häusliche Gewalt in Georgien:
1. Werden im Rahmen eines Asylfolgegesuchs Anhaltspunkte für eine asylrechtlich relevante Verfolgungshandlung im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG vorgetragen, erfordert es das Postulat des effektiven Rechtsschutzes des Art. 19 Abs. 4 GG, dass im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vertiefte Ausführungen gemacht werden können.
2. Es ist nicht von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass eine Frau in Georgien von Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden durch häusliche Gewalt bedroht war und ihr deswegen die Verfolgungsvermutung des Art. 4 Abs. 4 QRL zugute kommt.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Die Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen A 18 K 3547/24 gegen die im Bundesamtsbescheid vom 21.3.2024 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen, sind nach § 71 Abs. 4 Halbs. 1 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG und § 80 Abs. 5 VwGO zulässig und haben auch in der Sache Erfolg. [...]
Nach dem Vorbringen der Antragstellerin zu 1 erscheint es - auch in Ansehung der für Georgien einschlägigen Nichtverfolgungsvermutung nach § 29a Abs. 1 AsylG - nicht von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass sie von einer gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG asylrechtlich relevanten Verfolgung (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 16.1.2024 - C-621/21 -, juris) oder von einem ernsthaften Schaden nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG bedroht war und ihr deswegen die Vorverfolgungsvermutung nach Art. 4 Abs. 4 QRL zugutekommen könnte. Zwar dürfte viel dafür sprechen, dass In Georgien trotz aller Schwächen insgesamt ein ausreichendes staatliches Schutzniveau in Bezug auf häusliche Gewalt und andere Formen von Gewalt gegen Frauen gegeben ist [...]. Das Postulat effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG erfordert es jedoch nach den dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben, der Antragstellerin zumindest die Möglichkeit zu geben, zur ihr angeblich verwehrten Unterstützung durch georgische Behörden (vgl. die Andeutungen in der schriftlichen Folgeantragsbegründung) in einer mündlichen Verhandlung vertiefte Ausführungen zu machen und dabei ggf. auch auf etwaige interne Ausweichmöglichkeiten (§ 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG) einzugehen. [...]