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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 09.07.2024 - XIII ZB 44/23 - asyl.net: M32610
https://www.asyl.net/rsdb/m32610
Leitsatz:

Rücknahme eines Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft durch den Betroffenen:

Erklärt ein Betroffener, dass er den von seinem Verfahrensbevollmächtigten gestellten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft zurücknehme, so erklärt er nicht gleichzeitig die Rücknahme des Feststellungsantrages der Person des Vertrauens. Seine Erklärung dient ersichtlich nur dazu, die doppelte Rechtshängigkeit des Feststellungsbegehrens - in dem Beschwerdeverfahren des Prozessbevollmächtigten und in dem Haftaufhebungsverfahren der Person des Vertrauens - zu verhindern. 

(Leitsätze der Redaktion) 

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Beschwerde, Person des Vertrauens, doppelte Rechtshängigkeit, Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft, Haftaufhebungsantrag, Feststellungsantrag
Normen: FamFG § 62 Abs. 1, FamFG § 418 Abs. 3 Nr. 2, FamFG § 429 Abs. 2 Nr. 2, FamFG § 426 Abs. 2 S. 1
Auszüge:

[...]

a) Der Rechtsbeschwerdeführer hat mit seinem Antrag vom 18. September 2022 - was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig ist [...] - als Person des Vertrauens nach § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG aus eigenem Recht im Interesse des Betroffenen einen Haftaufhebungsantrag gemäß § 426 Abs. 2 FamFG gestellt. Nachdem das Amtsgericht diesen Antrag zurückgewiesen hatte, war die Vertrauensperson gemäß § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG berechtigt, Beschwerde einzulegen [...].

b) Dem Antrag des Rechtsbeschwerdeführers fehlte im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung - für die Zeit ab Eingang des Haftaufhebungsantrags - auch nicht wegen Hauptsacheerledigung das Rechtsschutzinteresse. Er hatte mit seinem Haftaufhebungsantrag zugleich erklärt, das Verfahren für den Fall der Haftentlassung des Betroffenen als Feststellungsverfahren fortsetzen zu wollen. Das mussten Amtsgericht und Landgericht berücksichtigen, da ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Haft nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen dem Wortlaut des § 62 Abs. 1 FamFG nicht nur in einem Beschwerdeverfahren, sondern auch in einem Haftaufhebungsverfahren gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG vor dem Amtsgericht  gestellt werden kann [...]. Gegenstand der Feststellung ist die Rechtswidrigkeit der bei Verweigerung ihrer Aufhebung fortdauernden Haft. An dieser Feststellung besteht auch dann, wenn sie eine Vertrauensperson im Interesse des Betroffenen begehrt, ein nach § 62 FamFG gesetzlich anerkanntes Rechtsschutzinteresse [...].

c) Das Betreiben des Beschwerdeverfahrens mit dem Feststellungsantrag durch die Vertrauensperson widersprach auch nicht dem Willen des Betroffenen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts lässt sich der dem Rechtsbeschwerdeführer erteilten Vollmacht, in welcher der Betroffene am Ende erklärt, einen von seinem Verfahrensbevollmächtigten gestellten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft nehme er zurück, ein solcher entgegenstehender Wille nicht entnehmen. Diese Erklärung dient ersichtlich dem Zweck, eine doppelte Rechtshängigkeit des Feststellungsbegehrens - zum einen im vom Prozessbevollmächtigten betriebenem Beschwerdeverfahren, zum anderen im von der Vertrauensperson betriebenen (selbständigen) Haftaufhebungsverfahren - zu verhindern [...]. Ein grundsätzlich fehlendes Interesse des Betroffenen an der Feststellung, dass der Haftvollzug ihn in seinen Rechten verletzt hat, oder gar der Wille, dies nicht gerichtlich feststellen zu lassen, ist seiner Erklärung nicht zu entnehmen. [...]