BAMF muss nunmehr im Rahmen der Abschiebungsandrohung familiäre Bindungen berücksichtigen:
1. Mit der neuen Fassung des § 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG (Rückführungsverbesserungsgesetz vom 21.02.2024) hat die Gesetzgebung die Prüfung von inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen in das Asylverfahren verlagert. Abschiebungshindernisse, die sich aus dem Kindeswohl, einer familiären Bindung oder dem Gesundheitszustand ergeben, sind für das BAMF beachtlich und zu prüfen. Die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen und die Schwangerschaft hätten Berücksichtigung finden müssen.
Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf EuGH, Beschluss vom 15.02.2023 - C-484/22 BR Deutschland gg. GS - asyl.net: M31329
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Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung vom 21.02.2024 (Rückführungsverbesserungsgesetz, BGBl. I, S. 54), gültig seit dem 27.02.2024, erlässt das Bundesamt nach §§ 59, 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Abschiebung weder das Kindeswohl noch familiäre Bindungen noch der Gesundheitszustand des Ausländers entgegenstehen. Damit hat der Gesetzgeber die Prüfung der inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse des allgemeinen Ausländerrechts in das Asylverfahren verlagert, vgl. BT-Drs. 20/9463, S. 45, sodass das Vorliegen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 und 24 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nunmehr für die Rechtmäßigkeit eines von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Abschiebungsandrohung grundsätzlich beachtlich ist. [...]
Nach summarischen Prüfung erscheint jedoch derzeit offen, ob der Abschiebung des Antragstellers familiäre Bindungen entgegenstehen.
Denn es erscheint jedenfalls möglich, dass bei der Prüfung überwiegender schutzwürdiger familiärer Bindungen nicht nur die - im Bescheid vom 02.02.2024 berücksichtigte - am … 2023 geschlossene Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen, sondern auch der Umstand, dass die Ehefrau des Antragstellers deren gemeinsames Kind erwartet, welches nach Aktenlage voraussichtlich ... dieses Jahres zur Welt kommen wird, in der Abwägung jedenfalls hätte Berücksichtigung finden müssen. Dies ist indes nicht geschehen. Dass die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Entscheidung hierüber möglicherweise keine Kenntnis gehabt hat, ist im Hinblick auf § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylG unschädlich. Es lässt sich im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung auch nicht zweifelsohne feststellen, dass in diesem Umstand, bzw. jedenfalls in der Gesamtschau mit der Ehe des Antragstellers mit einer Deutschen, kein der Abschiebung des Antragstellers entgegenstehender familiärer Belang zu sehen ist. Insbesondere bei der Frage, inwiefern hierbei von Relevanz ist, ob die Nachholung eines Visumsverfahrens für den Antragsteller zumutbar wäre (§ 5 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz AufenthG), handelt es sich - gerade mit Blick auf die erst kürzlich erfolgte Verlagerung der Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse des allgemeinen Ausländerrechts in das Asylverfahren und sich hieran notwendigerweise anschließende grundlegende Systemfragen - um eine schwierige Rechts- und Abwägungsfrage, deren Beantwortung der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten werden soll. [...]