Aufschiebende Wirkung durch Asylfolgeantrag:
1. Ein Asylfolgeantrag löst ein Vollzugshindernis aus, das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zunächst nur durch die Bescheidung "Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt" beseitigt werden kann.
2. Es verletzt die vom Gesetzgeber angeordnete Vorgreiflichkeit der Entscheidung über Asyl, wenn ohne eine Entscheidung über den beantragten internationalen Schutzstatus lediglich Feststellungen zu nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG getroffen werden.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung der verfahrensmäßigen Rechte der Antragsteller hat Erfolg. [...]
Nach § 71 Abs. 5 Satz 3 AsylG darf die Abschiebung eines Ausländers, der nach Eintritt der Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder -anordnung aus einem früheren Asylverfahren einen Folgeantrag stellt, erst vollzogen werden, nachdem die Frist nach § 74 Absatz 1 zweiter Halbsatz abgelaufen ist und im Fall eines innerhalb der Frist gestellten Antrags nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung erst nach der gerichtlichen Ablehnung dieses Antrags.
Die Antragsteller haben nach bestands- bzw. rechtskräftigem Abschluss ihrer Asylerstverfahren [...] mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Mai 2024 einen Asylfolgeantrag gestellt. [...]
Dieser Antrag vom 14. Mai 2024 ist beim Bundesamt auch eingegangen und hat zur Eröffnung eines Verfahrens geführt. Damit hat der Antrag ein Vollzugshindernis ausgelöst, das vom Bundesamt zunächst nur durch die Bescheidung "Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt" beseitigt werden kann. [...]
Diese Tenorierung ist – wohl in Verkennung der Reichweite und Zielrichtung des Antrags an die Behörde vom 14. Mai 2024 – nicht erfolgt.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 4248/24.A war anzuordnen. [...]
Die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid vom 22. Mai 2024 gegenüber den Antragstellern allein ausgesprochene Versagung der Abänderung der Feststellungen aus früheren Bescheiden ist ungeachtet der hier offen bleibenden Frage ihrer inhaltlichen Richtigkeit schon deswegen rechtswidrig, weil sie die vom Gesetzgeber angeordnete Vorgreiflichkeit der Entscheidung über die Streitgegenstände Asyl und internationaler Schutz verletzt. Nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG kann von der Entscheidung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz zuerkannt wird. Diese Vorschrift spiegelt nicht nur die Stärke der im Asylverfahren erreichbaren Schutzstatus wider, sie regelt auch verbindlich das Verhältnis der Schutzstatus zueinander. So wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Asyl das Verhältnis der Streitgegenstände von internationalem Schutz und nationalen Abschiebungsverboten nach ganz herrschender Ansicht als im Verhältnis Haupt- zu Hilfsantrag angesehen. Indem das Bundesamt mit der angefochtenen Entscheidung keine Entscheidung zur Zulässigkeit eines weiteren Asylverfahrens trifft und allein die Abänderung der Feststellungen zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ablehnt, missachtet es nicht nur den Anspruch der Antragsteller auf eine Bescheidung dieses Folgeantrags, sondern auch die zwingende Vorgreiflichkeit dieser Entscheidung. [...]