VG Gießen

Merkliste
Zitieren als:
VG Gießen, Beschluss vom 27.06.2024 - 4 L 1954/24.GI.A - asyl.net: M32500
https://www.asyl.net/rsdb/m32500
Leitsatz:

Verlust von Identitätspapieren durch Dritte stellt keine mutwillige Vernichtung dar:

1. Nach der Neuregelung des § 30 AsylG kann ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn ein Identitäts- oder Reisedokument, das die Feststellung der Identität ermöglicht hätte, mutwillig vernichtet oder beseitigt wird oder die Umstände offensichtlich diese Annahme rechtfertigen, § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG. 

2. Eine mutwillige Vernichtung oder Beseitigung von Papieren im Sinne dieser Vorschrift ist nicht erkennbar, wenn die Identitätspapiere in einem Rucksack zur Aufbewahrung an einen LKW-Fahrer übergeben worden und dann verloren gegangen sind.  Aus diesem Verhalten des Antragstellers kann keine mutwillige Vernichtung oder Beseitigung geschlossen werden, auch wenn er nicht sehr sorgsam mit den eigenen Papieren umgegangen sein mag.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Asylverfahren, offensichtlich unbegründet, mutwillige Vernichtung oder Beseitigung
Normen: AsylG § 30 Abs. 1 Nr. 4
Auszüge:

[...]

Vorliegend hat das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers auf Grundlage der Regelung des § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Nach dieser Vorschrift ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer ein Identitäts- oder Reisedokument, das die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit ermöglicht hätte, mutwillig vernichtet oder beseitigt hat oder die Umstände offensichtlich diese Annahme rechtfertigen. Die Antragsgegnerin schließt aus dem Vorbringen des Antragstellers, er habe seinen Reisepass und seine ID-Karte in einem Rucksack gehabt und diesen dem LKW-Fahrer gegeben, der ihn verloren habe, dass der Antragsteller die Dokumente mutwillig vernichtet bzw. beseitigt habe. Dem vermag das Gericht nicht zu folgen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger mit seinen Dokumenten nicht besonders sorgfältig umgegangen ist, indem er sie einem Dritten anvertraut hat, so rechtfertigt dies allein jedoch noch nicht den Schluss, dass er seine Dokumente hierdurch mutwillig vernichten bzw. beseitigen wollte. [...]