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VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Urteil vom 09.11.2023 - 5 K 2035/22.A - asyl.net: M32122
https://www.asyl.net/rsdb/m32122
Leitsatz:

Subsidiärer Schutz in EU-Mitgliedstaat steht Abschiebung ins Herkunftsland entgegen:

Die Zuerkennung subsidiären Schutzes in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union entfaltet zwar keine umfassende Bindungswirkung, führt aber zu einem Verbot der Abschiebung in den Herkunftsstaat.

(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf: BVerwG, Urteil vom 17.06.2014 - 10 C 7.13 (= ASYLMAGAZIN 9/2014, S. 302 ff.) - asyl.net: M22135; OVG Niedersachsen, Urteil vom 30.08.2023 - 13 ME 143/23 - Ni-Voris; VG München, Urteil vom 09.07.2021 - M 11 K 18.31931 - gesetze-bayern.de)

Schlagwörter: internationaler Schutz in EU-Staat, Abschiebungsandrohung, Herkunftsstaat, Bindungswirkung, keine Unzulässigkeit, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot, Refoulement, Refoulement-Verbot,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 2 S. 1, AufenthG § 60 Abs. 1 S. 2, AufenthG § 60 Abs. 2 S. 2, AsylG § 4 Abs. 1, RL 2011/95/EU Art. 21 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2, Alt. 3 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG steht die in Griechenland ergangene Statusentscheidung - die Gewährung subsidiären Schutzes – einer Abschiebung des Klägers in sein Heimatland Somalia entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entfaltet die Zuerkennung subsidiären Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zwar keine umfassende Bindungswirkung, führt aber zu einem Verbot der Abschiebung in den Herkunftsstaat [...].

Das Verwaltungsgericht (VG) München, Urteil vom 9. Juli 2021 - M 11 K 18.31931 - (juris) hat im Übrigen hierzu folgendes ausgeführt:

"Der Berücksichtigung eines im Ausland zuerkannten subsidiären Schutzstatus als Abschiebungshindernis nach nationalem Recht steht nicht entgegen, dass § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auf die Regelungen des § 60 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 AufenthG verweist, sich jedoch gerade nicht auf § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bezieht, welcher ein Abschiebungsverbot im Falle einer bestehenden Flüchtlingsanerkennung ausdrücklich regelt. Trotz der fehlenden ausdrücklichen Verweisung, kann vorliegend nicht von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers dahin ausgegangen werden, dass eine Gleichstellung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzstatus mit Blick auf ein hieraus folgendes nationales Abschiebungsverbot nicht gewollt war. Die Regelung des § 60 Abs. 2 AufenthG mit der Verweisung auf§ 60 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG hat seine jetzige Form mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 erhalten. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde die Verweisung nur eingefügt, um klarzustellen·, dass in Umsetzung der Richtlinie Anträge auf subsidiären Schutz als Asylanträge zu behandeln sind (vgl. BTDrucks. 17/13063, S. 25). Eine hierüber hinausgehende bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zum Ausschluss eines hieraus folgenden Abschiebungsverbots - entsprechend § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bei zuerkannter Flüchtlingseigenschaft - ist den Gesetzesmaterialien dagegen nicht zu entnehmen. Vielmehr wird aus der ·Gesetzesneufassung unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Richtlinie 2011/95/EU deutlich, dass es gerade Ziel des Gesetzgebers war, einheitliche Regelungen für die Anerkennung von internationalem Schutz zu schaffen, welcher sowohl die Flüchtlingseigenschaft als auch subsidiären Schutz umfasst (vgl. BT-Drucks. 17/13063, S. 1). [...] Nach Art. 21 Abs. 1 RL 2011/95/EU wird konsequent der Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot), welcher nach Art. 33 Abs. 1 GFK nur für Flüchtlinge gilt, auch auf subsidiär Schutzberechtigte ausgeweitet. [...]

Die Beachtung eines durch einen Mitgliedstaat zuerkannten subsidiären Schutzstatus ist zudem für die Verwirklichung des Grundrechts des Ausländers aus Art. 2 Abs. 2 GG ausschlaggebend (BVerfG a.a.O., Rn. 28). [...]

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Abschiebung des Klägers nach Somalia nicht möglich, da diesem in Italien subsidiärer Schutz gewährt wurde. Möglicher Zielstaat einer Abschiebung ist vielmehr Italien." [...]