VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Urteil vom 06.07.2023 - 3 A 190/19 - asyl.net: M31854
https://www.asyl.net/rsdb/m31854
Leitsatz:

Abschiebungsverbot für Person aus dem Sudan:

1. Aufgrund der humanitären Lage im Sudan ist davon auszugehen, dass der existenzielle Lebensbedarf nicht bestritten werden kann.

2. Die andauernden Auseinandersetzungen zwischen der RSF und den sudanesischen Streitkräften stellen einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt dar, der für sich genommen die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK begründet.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Sudan, Abschiebungsverbot, innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, Existenzminimum,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, AsylG § 3
Auszüge:

[...]

Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG wegen der ihm im Sudan drohenden schlechten sozioökonomischen und humanitären Bedingungen sowie der dortigen Sicherheitslage. [...]

Bei der Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls sind eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Wasser, Nahrung, Gesundheitsversorgung, einer adäquaten Unterkunft, zu sanitären Einrichtungen sowie die Möglichkeit der Erwirtschaftung der finanziellen Mittel zur Befriedigung der elementaren Bedürfnisse, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von erreichbaren Hilfen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2021 - A 13 S 3196/19 -, juris Rn. 57 m.w.N.). Zu den individuellen Faktoren gehören auch Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Volkszugehörigkeit, Ausbildung, Vermögen familiäre oder freundschaftliche Verbindungen (Nds. OVG, Beschluss vom 26.08.2022 - 4 LA 67/22 -, juris Rn. 10). [...]

2. Nach diesem Maßstab droht dem Kläger im Falle einer Rückkehr schon aufgrund der humanitären Lage im Sudan eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte, weil er im ganzen Land Gefahr läuft, seinen existenziellen Lebensbedarf nicht bestreiten zu können. [...]

3. Die Einzelrichterin geht daneben und die Entscheidung selbstständig tragend davon aus, dass die andauernden Auseinandersetzungen zwischen der RSF und den sudanesischen Streitkräften in Khartum und anderen Regionen einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt darstellen, der schon für sich genommen die Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung durch die ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung begründet. [...]