Zur Erteilung der "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität":
Eine Duldung ist nicht als "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität" im Sinne des § 60b Abs. 1 AufenthG zu erteilen, wenn die fehlende Mitwirkung an der Passbeschaffung nicht kausal dafür ist, dass die Abschiebung nicht vollzogen werden kann, weil zugleich ein anderer Duldungsgrund (hier: Strafvollstreckung) vorliegt, auf den die Person keinen Einfluss hat.
(Leitsätze der Redaktion)
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8 Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, diese Voraussetzungen lägen nicht vor, weil die behauptete Verletzung einer Mitwirkungspflicht an der Passbeschaffung derzeit nicht kausal dafür sei, dass der Kläger nicht abgeschoben werden könne, ausführlich begründet. Ohne Rechtsfehler hat es – insoweit durch die Beklagte auch nicht angegriffen – angenommen, dass die Strafvollstreckung jedenfalls so lange ein (weiteres) Abschiebungshindernis begründe, wie die Staatsanwaltschaft von der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht nach § 456a Abs. 1 StPO abgesehen hat. Es hat weiter ausführlich begründet, warum die Erteilung einer Duldung mit der genannten Nebenbestimmung ausgeschlossen sei, wenn neben dem inlandsbezogenen Vollstreckungshindernis "Passlosigkeit" noch selbständige andere Duldungsgründe eingreifen, auf deren Bestehen ein in § 60b Abs. 1 Satz 1 AufenthG genanntes Verhalten oder Unterlassen nicht von Einfluss ist. Sowohl aus Wortlaut und Telos von § 60b Abs. 1 Satz 1 AufenthG folge, dass die Erteilung einer Duldung mit der Nebenbestimmung "für Personen mit ungeklärter Identität" voraussetze, dass die Abschiebung des Ausländers gerade aufgrund der Verletzung der spezifischen Mitwirkungspflicht nicht vollzogen werden könne. An der Kausalität eines positiven Tuns oder Unterlassens des Ausländers für "das Abschiebungshindernis" fehle es, wenn noch selbständige andere Duldungsgründe (z.B. familiärer, gesundheitlicher oder sonstiger Art) eingreifen, auf deren Bestehen ein in § 60b Abs. 1 Satz 1 AufenthG genanntes Verhalten oder Unterlassen nicht von Einfluss sei und aufgrund derer ohnehin eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu erteilen sei. Hierfür spreche auch, dass eine Sanktion nur dann verhältnismäßig sei, wenn der verfolgte Zweck erreicht werden könne. Stehe der erfolgreichen Abschiebung aber noch ein weiteres Hindernis entgegen, auf das das Verhalten des Betroffenen keinen Einfluss habe, so liege diese Voraussetzung nicht vor. [...]