LSG Hamburg

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Zitieren als:
LSG Hamburg, Beschluss vom 08.03.2023 - L 4 AS 31/23 B ER D - asyl.net: M31710
https://www.asyl.net/rsdb/m31710
Leitsatz:

"1. Die Rückausnahme nach § 7 Abs. 1 S. 4 Halbs. 2 SGB II setzt nicht voraus, dass die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit bestands- bzw. rechtskräftig geworden ist (Rn. 4).

2. Zwar haben Widerspruch und Klage gegen die Verlustfeststellung aufschiebende Wirkung, doch beseitigt diese nicht die Ausreisepflicht als solche, sondern hemmt lediglich deren Durchsetzung (Rn. 4).

3. Das ist mit Blick darauf, dass es um EU-Bürger geht, denen eine kurzfristige Rückreise in den Heimatstaat in der Regel ohne weiteres möglich ist, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden [...]."

(Amtliche Leitsätze; unter Bezug auf: LSG Hessen, Beschluss vom 09.02.2023 - L 7 AS 447/22 B ER - asyl.net: M31338)

Schlagwörter: Verlust des Freizügigkeitsrechts, Bestandskraft, Rechtskraft, Sozialleistungen, SGB II, Bürgergeld
Normen: SGB II § 7 Abs. 1 S. 4, SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, FreizügG/EU § 2 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

4 Dass die Verfügung von der Antragstellerin angefochten worden ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Senat vermag der Ansicht, nur eine bestands- bzw. rechtskräftige Verlustfeststellung stünde einer Ausnahme vom Leistungsausschluss entgegen, nicht zu folgen (ständige Rechtsprechung, zuletzt Beschluss vom 18.11.2022 – L 4 AS 190/22 B ER D, unter Hinweis auf Beschlüsse vom 28.9.2017, L 4 SO 55/17 B ER, sowie vom 24.10.2017, L 4 AS 293/17 B ER). Denn bereits die behördliche Verlustfeststellung führt zur Ausreisepflicht des Ausländers nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU, ihre Rechtskraft ist dafür nicht erforderlich (vgl. hierzu die Begründung zur Änderung des § 7 Abs. 1 durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007, BT-Drs. 16/5065 S. 211 zu Nummer 8 a. aa.). Zwar haben Widerspruch und Klage gegen die Verlustfeststellung aufschiebende Wirkung, doch beseitigt diese nicht die Ausreisepflicht als solche. § 7 Abs. 1 Satz 4 FreizügG/EU bestimmt nur, dass in den Fällen, in denen mit der Verlustfeststellung bereits die Abschiebung angedroht und hiergegen einstweiliger Rechtsschutz beantragt wird, die Abschiebung nicht vor Entscheidung über den Eilantrag erfolgen darf (vgl. hierzu Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 16 f.). Rechtsmittel hemmen folglich nicht die Ausreisepflicht selbst, sondern nur deren Durchsetzung. Das ist mit Blick darauf, dass es um EU-Bürger geht, denen eine kurzfristige Rückreise in den Heimatstaat in der Regel ohne weiteres möglich ist, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (wie hier LSG Hessen, Beschluss vom 9.2.2023 – L 7 AS 447/22 B ER m.w.N.). [...]