VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 26.05.2023 - M 7 K 17.49332 - asyl.net: M31707
https://www.asyl.net/rsdb/m31707
Leitsatz:

Flüchtlingseigenschaft für exilpolitisch aktive Person aus Myanmar:

Einer Person, die bereits vor ihrer legalen Ausreise im Fokus des Militärs stand und ihre oppositionelle Haltung in sozialen Medien - wenn auch nicht sehr intensiv - zum Ausdruck bringt, droht bei ihrer Rückkehr nach Myanmar Festnahme, rechtsstaatswidrige Bestrafung und Behandlung, unzumutbare und inhumane Haftbedingungen und Folter bis hin zur Tötung.

(Leitsätze der Redaktion; anderer Ansicht wohl: VG Regensburg, Urteil vom 06.04.2023 - RN 11 K 20.31903 - asyl.net: M31586)

Schlagwörter: Myanmar, politische Verfolgung, Exilpolitik, Haftbedingungen,
Normen: GG Art. 16a Abs. 1, AsylG § 3 Abs. 1, AsylG § 28 Abs. 1
Auszüge:

[...]

17 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dem Kläger droht in Myanmar aufgrund seiner vorgetragenen exilpolitischen Aktivität in Verbindung mit seiner bereits vor Ausreise in Myanmar durch die Unterstützung van Rohingya-Flüchtlingen offen gezeigten politischen Haltung im konkreten Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung.

18 Der Kläger hat im Rahmen des schriftsätzlichen Vortrags sowie in der mündlichen Verhandlung detailliert und umfassend dargestellt, dass und wie er sich in Deutschland exilpolitisch gegen das Militärregime in Myanmar engagiert. Seine entsprechenden Demonstrationsteilnahmen sowie sein Engagement auf Facebook, wo er regelmäßig regimekritische Beitrage erstellt oder teilt, hat der Kläger durch Vorlage zahlreicher Fotoaufnahmen von Demonstrationen und Veranstaltungen, auf denen der Kläger zu erkennen ist, durch Vorlage entsprechender Screenshots sowie im Rahmen der Inaugenscheinnahme des Facebook-Accounts in der mündlichen Verhandlung belegt. Auf seinem Profilbild zeigt sich der Kläger zudem mit dem gegen den Militärputsch in Myanmar etablierten Handzeichen (Zeige-, Mittel- und Ringfinger werden ausgestreckt, davor kreuzen sich Daumen und kleiner Finger) hinter einem Logo des NUG neben dem Aufruf "Accept NUG. Reject Military". [...]

19 Die kritische Haltung gegenüber der militärischen Führung in Myanmar stellt sich dabei im konkreten Fall des Klägers auch als Ausdruck und Fortführung einer schon wahrend des Aufenthalts im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung dar. So gab er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft an, dass er mit der Rassendiskriminierung durch das Militär nicht einverstanden gewesen sei und sich daher in Gestalt der Unterstützung van Rohingya dagegen gewehrt habe. [...]

20 Aufgrund dieses Zusammentreffens von den Zielen des Militärs zuwiderlaufenden Aktivitäten des Klägers zur Unterstützung von Rohingya vor seiner Ausreise sowie seiner exilpolitischen Betätigung nach dem Putsch im Februar2021 ist angesichts der in Myanmar nunmehr herrschenden politische Verhältnisse mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr dorthin politische Verfolgung durch die Militärregierung aufgrund seiner politischen Einstellung und Opposition gegen die Militärregierung droht. [...]