VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 17.05.2023 - 3 B 1948/22 - asyl.net: M31633
https://www.asyl.net/rsdb/m31633
Leitsatz:

Kein vorübergehender Schutz gemäß § 24 Abs. 1 AufenthG für Drittstaatsangehörige, wenn ukrainische Familienangehörige in der Ukraine geblieben sind:

Art. 2 Abs. 1 Bst. c Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382, wonach Familienangehörige ukrainischer Staatsangehöriger, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten, vorübergehenden Schutz erhalten, ist so auszulegen, dass damit nur diejenigen Familienangehörigen gemeint sind, deren ukrainische Familienangehörige auch aus der Ukraine vertrieben wurden. Verbleiben Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in der Ukraine, können ihre Familienangehörigen keinen vorübergehenden Schutz erhalten.

(Leitsätze der Redaktion)

Siehe auch:

Schlagwörter: Ukraine, Drittstaatsangehörige, drittstaatsangehöriger Ehegatte, vorübergehender Schutz, Massenzustromsrichtlinie, Familienangehörige,
Normen: Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 Art. 2 Abs. 1 Bst. c, Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 Art. 2 Abs. 1, AufenthG § 24 Abs. 1, RL 2001/55/EG Art. 15 Abs. 1
Auszüge:

[...]

11 Der Antragsgegner hat zu Recht darauf verwiesen, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AufenthG hat, da er nicht zu dem aufgrund des Durchführungsbeschlusses geschützten Personenkreis gehört.

12 Nach Art. 2 Abs. 1 c) Durchführungsbeschluss gilt der vorübergehende Schutz zwar auch für Familienangehörige der unter Art. 2 Abs. 1 a) genannten Personen, also ukrainischer Staatsangehöriger, die vor dem 24.02.2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten. Zu diesen Personen gehört der Antragsteller als Ehegatte einer ukrainischen Staatsangehörigen. Weitere Voraussetzung ist jedoch nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz Durchführungsbeschluss, dass auch der ukrainische Staatsangehörige, von dem der Schutz abgeleitet wird, aufgrund der russischen Invasion aus dem Staatsgebiet der Ukraine vertrieben wurde. Dies folgt bereits aus der Gesetzessystematik, da sich nach Auffassung des Senats der erste Halbsatz auf alle drei in den Buchstaben a) bis c) genannten Personengruppen bezieht. [...]

16 Mit dieser Interpretation steht auch der Anwendungserlass des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 05.09.2022 in Einklang. Dort wird zu Art. 2 Abs. 1 c) Durchführungsbeschluss ausgeführt, die Familienangehörigen erhielten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG aus eigener Berechtigung aufgrund des Durchführungsbeschlusses; dabei müssten die unter Art. 2 Abs. 1 a) und b) genannten Personen sich noch nicht im Bundesgebiet aufhalten. Es handele sich nicht um einen Fall der Familienzusammenführung. Zu der Frage, ob ein Anspruch besteht, wenn der ukrainische Familienangehörige in der Ukraine verblieben ist, verhält sich der Anwendungserlass nicht. [...]