VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 03.02.2023 - 22 K 5212/18.A - asyl.net: M31517
https://www.asyl.net/rsdb/m31517
Leitsatz:

Abschiebungsverbot für an Tuberkulose erkrankte Person aus Aserbaidschan:

Auch bei überstandener Tuberkulose-Erkrankung mit der Gefahr eines Rezidiv besteht ein Abschiebungsverbot, weil es in Aserbaidschan keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten gibt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Aserbaidschan, Tuberkulose, Abschiebungsverbot, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Krankheit, medizinische Versorgung,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Anhand der dem Gericht vorliegenden Atteste erkrankte die Klägerin 2017 an einer multiresistenten Tuberkulose (MDR TBC). Nachdem diese etwa seit 2019 ausgeheilt war, wurde bei ihr eine Sarkoidose der mediastinalen Lymphknoten diagnostiziert. Zur Verhinderung eines TBC-Rezidivs sind nach ärztlicher Einschätzung regelmäßige Kontrollen notwendig.

Im Bescheid vom 5. Dezember 2017 (Gesch.-Z.: ...) im Asylverfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1 hat das Bundesamt ausgeführt:

"Nach Erkenntnissen des Bundesamtes [...] gibt es keine ausreichende Behandlungsmöglichkeit zur Behandlung der offenen multiresistenten Tuberkulose in Aserbaidschan. In Aserbaidschan kann nur jeder zweite an Tuberkulose Erkrankte überhaupt behandelt werden. Die Behandlung der offenen multiresistenten Tuberkulose ist noch seltener, so dass nicht sichergestellt ist, dass der Antragsteller überhaupt Zugang zu einer solchen Behandlung haben kann. Die konstante notwendige Medikamenteneinnahme kann somit nicht sichergestellt werden, da der Antragsteller sehr spezielle Antibiotika benötigt. Gerade ein vorzeitiger Abbruch oder eine Unterbrechung der Medikamenteneinnahme hätten für den Antragsteller lebensbedrohliche Folgen."

Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes, die sich insoweit mit den Erkenntnissen des Gerichts decken, bestünde also jedenfalls im Falle einer akuten MDR-TBC-Erkrankung ein Abschiebungsverbot. Der vorliegende Fall unterscheidet sich hiervon nur insoweit, als die Klägerin eine TBC-Erkrankung überstanden hat und derzeit nicht erkrankt und akut behandlungsbedürftig ist. Aus den vorgelegten Attesten ergibt sich aber, dass regelmäßige Kontrollen zur Verhinderung eines Rezidivs geboten sind. Auch wenn niemand vorhersehen kann, ob bzw. wann ein Rezidiv entsteht, ist jedenfalls zu konstatieren, dass für die Klägerin zu 1 die konkrete Gefahr besteht, erneut an TBC zu erkranken. Zudem steht fest, dass eine erneute Erkrankung in Aserbaidschan mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht behandelbar wäre. Damit besteht für die Klägerin zu 1 eine lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. [...]