OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 26.08.2022 - 2 B 128/22 - asyl.net: M31506
https://www.asyl.net/rsdb/m31506
Leitsatz:

Eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis; besondere Härte

1. Eheliche Untreue begründet grundsätzlich keine besondere Härte i.S.v. § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Dies gilt auch dann, wenn der Ehepartner sich endgültig einem anderen zugewandt hat und mit diesem eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führt (Rn. 8).

2. § 31 Abs. 2 AufenthG und § 1565 Abs. 2 BGB verwenden zwar die von der Bedeutung her vergleichbaren unbestimmten Rechtsbegriffe der "besonderen Härte" und der "unzumutbaren Härte", dienen aber völlig unterschiedlichen Zwecken (Rn. 9).

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, unzumutbare Härte, Ehebestandszeit, eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis, eigenständiges Aufenthaltsrecht,
Normen: AufenthG § 31, AufenthG § 31 Abs. 2, BGB § 1565
Auszüge:

[...]

8 Diese Ausführungen verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG. Es ist nicht zur Vermeidung einer besonderen Härte im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erforderlich, dem Antragsteller unabhängig von der nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorausgesetzten Ehebestandszeit von drei Jahren den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Auf die diesbezüglichen, sehr ausführlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird Bezug genommen. Die von dem Antragsteller angeführte eheliche Untreue seiner früheren Ehegattin vermag eine besondere Härte i.S.v. § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht zu begründen (vgl. VGH München, Beschluss vom 29.10.2020 - 10 ZB 20.2129 -, OVG Magdeburg, Beschluss vom 18.10.2018 - 2 M 76/18 -, jeweils bei juris; sowie Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 31 AufenthG Rdnr. 54). Dies gilt auch dann, wenn man das Vorbringen des Antragstellers zugrunde legt, seine Ehefrau habe sich 2018 endgültig einem anderen Mann zugewandt und mit diesem eine nichteheliche Lebensgemeinschaft geführt.

9 Auch die Heranziehung des § 1565 Abs. 2 BGB führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Nach dieser Vorschrift kann die Ehe, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Der von dem Antragsteller behauptete Wertungswiderspruch zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts liegt nicht vor. Zwar werden vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 AufenthG und in § 1565 Abs. 2 BGB die von der Bedeutung her vergleichbaren unbestimmten Rechtsbegriffe der "besonderen Härte" und der "unzumutbaren Härte" verwendet. Die Vorschriften dienen aber völlig unterschiedlichen Zwecken. Bei § 1565 Abs. 2 BGB muss sich die aus besonderen Gründen resultierende unzumutbare Härte auf das fortbestehende Eheband, d.h. das bloße "Weiter-miteinander-verheiratet-sein" beziehen (vgl. Neumann in: BeckOK BGB § 1565 Rdnr. 25). Demgegenüber bezieht sich die besondere Härte i.S.d. § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 AufenthG nicht auf die Umstände der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft, also des Scheiterns der Ehe, sondern auf die sich aus dem Ende des Aufenthaltsrechts ergebende Folge der Verpflichtung zur Ausreise (vgl. Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 31 AufenthG Rdnr. 48). Davon abgesehen liegt hier auch keine unzumutbare Härte i.S. von § 1565 Abs. 2 BGB vor. Diese muss sich wie erwähnt auf die Unzumutbarkeit des Fortbestands des Ehebandes beziehen. Insoweit sind strenge Maßstäbe anzulegen. Es muss sich um Umstände von erheblicher Bedeutung handeln. Das bloße Scheitern der Ehe reicht hingegen nicht aus, um eine unzumutbare Härte i.S. von § 1565 Abs. 2 BGB anzunehmen. Während die zivilrechtliche Rechtsprechung anfangs noch geneigt war, bei jedem Verstoß gegen die eheliche Treue die Scheidung vor Ablauf der Frist von einem Jahr zu gewähren, so lässt sie mittlerweile selbst andauerndes eheähnliches Zusammenleben des anderen Ehegatten mit dem anderen Partner nicht ausreichen, wenn nicht weitere tiefgreifende oder gar entwürdigende Umstände hinzutreten (vgl. Neumann in: BeckOK BGB § 1565 Rdnr. 27 (mit zahlreichen Nachweisen)). [...]