OVG Sachsen-Anhalt

Merkliste
Zitieren als:
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.04.2023 - 4 R 87/23 - asyl.net: M31491
https://www.asyl.net/rsdb/m31491
Leitsatz:

Eilrechtsschutz gegen Zweitantragsbescheid wegen Zweifeln an Vereinbarkeit von § 71a AsylG mit Unionsrecht:

Ob die Regelung des § 71a AsylG, wonach ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt werden kann, wenn das erste erfolglose Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt wurde, mit Art. 33 Abs. 2 Bst. d und Art. 2 Bst q Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) vereinbar ist, ist eine offene Frage.

(Leitsätze der Redaktion; so auch: VGH Bayern, Beschluss vom 26.01.2023 - 6 AS 22.31155 (Asylmagazin 4/2023, S. 115 f.) - asyl.net: M31306; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.01.2023 - 19 B 1030/22.A - openjur.de)

Schlagwörter: Zweitantrag, Unzulässigkeit, Asylverfahrensrichtlinie, Folgeantrag,
Normen: AsylG § 71a Abs. 1, RL 2013/32/EU Art. 33 Abs. 2 Bst. d, RL 2013/32/EU Art. 2 Bst q, VwGO § 80 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Der Senat lässt offen, ob vorliegend die Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gegeben sind. Denn der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Februar 2023 - 1 B 190/21 MD - ist jedenfalls von Amts wegen gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts vom 6. September 2021 anzuordnen. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die Entscheidung über einen Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit von Amts wegen nach pflichtgemäßer Ermessensausübung ohne weitere Voraussetzung - also insbesondere ohne veränderte Umstände im Sinn des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO - ändern, wenn das Gericht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage gekommen ist oder die frühere Interessenabwägung nachträglich als korrekturbedürftig einstuft [...].

Das ist hier der Fall, denn es ist zumindest offen, ob die von dem Antragsteller im Zulassungsverfahren 4 L 74/23 als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, ob eine nationale Regelung wie § 71a AsylG, nach der ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt werden kann, mit Art. 33 Abs. 2 Buchst. d) und Art. 2 Buchst. q) RL 2013/32/EU vereinbar ist, wenn das erfolglose erste Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt wurde, zu bejahen ist und der im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG vorliegt (in diesem Sinne auch OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 5: VGH Bayern, Beschluss vom 26. Januar 2023 - 6 AS 22.31155; 7711992 -, juris, Rn. 4 ff.). [...]