Ladung zur Haftanhörung nur bei vorheriger Anzeige der Vertretung in Freiheitentziehungssachen:
Das Gericht muss Verfahrensbevollmächtigte nur dann zur Haftanhörung laden, wenn der*die Bevollmächtigte der Behörde die Bestellung in Freiheitsentziehungssachen angezeigt oder der*die Betroffene die Bestellung mitgeteilt hat. Eine vorherige Mandatierung in einem aufenthalts- oder asylrechtlichen Verfahren macht eine solche Mitteilung nicht entbehrlich.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
3. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. [...]
b) Der Rüge der Rechtsbeschwerde, das Amtsgericht habe die Betroffene in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG), ist kein Erfolg beschieden. Zwar hat die Betroffene im Beschwerdeverfahren den vermeintlichen Verstoß - wie erforderlich - gerügt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2021 - XIII ZB 98/19, juris Rn. 10 ff.). Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt aber nicht vor.
aa) Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert jedem Betroffenen das Recht, sich in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen. Erfährt oder weiß das Gericht, dass der Betroffene einen Rechtsanwalt hat, muss es dafür Sorge tragen, dass dieser von dem Termin in Kenntnis gesetzt und ihm die Teilnahme an der Anhörung ermöglicht wird; gegebenenfalls ist unter einstweiliger Anordnung einer nur kurzen Haft nach § 427 FamFG ein neuer Termin zu bestimmen. Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne Weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft; es kommt in diesem Fall nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf diesem Fehler beruht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - XIII ZB 74/20, InfAuslR 2022, 416 Rn. 11 mwN).
bb) Das Amtsgericht muss einen Verfahrensbevollmächtigten zum Anhörungstermin aber nur laden, wenn der Bevollmächtigte in dem Verfahren zur Entscheidung über den Haftantrag der beteiligten Behörde seine Bestellung angezeigt oder der Betroffene von der Bestellung Mitteilung gemacht hat. Eine solche Mitteilung ist nicht entbehrlich, wenn der Verfahrensbevollmächtigte den Betroffenen in einem vorhergehenden ausländer- oder asylrechtlichen Verfahren vertreten hat. Dabei handelt es sich um ein anderes Verfahren, das vor einem anderen Gericht geführt wird, so dass sich die Vollmacht auf das Freiheitsentziehungsverfahren nicht erstreckt, § 11 Satz 5 FamFG, §§ 81, 82 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2021 - XIII ZB 14/20, juris Rn. 14 mwN). [...]
(1) Es kann dahinstehen, ob Rechtsanwalt B. von der Betroffenen in der Freiheitsentziehungssache (§ 415 Abs. 1 FamFG) mandatiert war. Denn er hat dies gemäß § 11 FamFG jedenfalls erst mit Einlegung der Beschwerde angezeigt. Auch die Betroffene hat trotz ausdrücklicher Belehrung über ihr Recht, einen Rechtsanwalt zu der Anhörung hinzuziehen, nicht erklärt, dass sie durch Rechtsanwalt B. vertreten werde und seine Hinzuziehung wünsche. Es wäre Aufgabe der Betroffenen und ihr auch zumutbar gewesen, das Gericht auf seine ausdrückliche Frage über eine etwaige Mandatierung von Rechtsanwalt B. zu unterrichten (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2021 - XIII ZB 14/20, juris Rn. 16). [...]