AG Paderborn

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Zitieren als:
AG Paderborn, Beschluss vom 21.03.2023 - 11 XIV(B) 74/23 - asyl.net: M31403
https://www.asyl.net/rsdb/m31403
Leitsatz:

Haftanordnung wegen fehlender Belehrungen rechtswidrig:

1. Die Haftanordnung ist rechtswidrig, weil die betroffene Person weder über das Recht, eine Vertrauensperson zu benachrichtigen, noch über die Möglichkeit, eine*n Rechtsanwält*in hinzuzuziehen, belehrt worden ist. Noch schwerer wiegt, dass die betroffene Person nicht über ihr Schweigerecht belehrt worden ist, was für ein faires Verfahren unerlässlich ist.

2. Auch der Umstand, dass das ursprünglich zuständige Amtsgericht seinen Haftantrag durch wörtliche Übernahme des Haftantrags der Behörde begründet hat, ohne eine eigene Prüfung erkennen zu lassen, führt zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Belehrung, Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwalt, Benachrichtigung, Vertrauensperson, Haftantrag,
Normen: VO 604/2013 Art. 28 Abs. 1, GG Art. 104 Abs. 4, EMRK Art. 6, AufenthG § 62 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Es wird festgestellt, dass die gegen den Betroffenen durch Beschluss des Amtsgerichts Rheine vom 21.02.2023 (Az. 42 XIV (B) 64/23) angeordnete Abschiebungshaft diesen im Zeitraum vom 21.02.2023 - 21.03.2023 in seinen Rechten verletzt hat. [...]

Das Gericht folgt der Beschwerde insoweit, als dass eine Belehrung des Betroffenen im Rahmen der ersten Anhörung am 21.02.2023 über die Möglichkeit einer Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes und die Benachrichtigung einer Vertrauensperson nach Inhaftnahme hätte erfolgen müssen.

Schwerer wiegt für das erkennende Gericht jedoch die unterbliebene Belehrung des Betroffenen über sein Schweigerecht, das für ein faires Verfahren unerlässlich ist und nach hiesiger Auffassung von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

Hinzu kommt der Umstand, dass das Amtsgericht Rheine den Beschluss vom 21.02.2023 durch wörtliche Übernahme des Haftantrags begründete und insoweit keine eigene Prüfung des Sachverhalts erkennen lässt.

Das erkennende Gericht hat diese Fehler durch Nachholung geheilt, was jedoch die zurückliegende Rechtsverletzung nicht beseitigt. Dies führt zu der tenorierten Feststellung der Rechtswidrigkeit der zurückliegenden Haft, nicht jedoch zu einer Stattgabe der Beschwerde. [...]