OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 08.09.2022 - 4 LA 196/21 - asyl.net: M30984
https://www.asyl.net/rsdb/m30984
Leitsatz:

Ablehnung des Berufungszulassungsantrags hinsichtlich der Nationaldienstpflicht von Müttern in Eritrea: 

Das BAMF hat mit dem Zulassungsantrag keinen Klärungsbedarf hinsichtlich der Annahme aufgezeigt, dass einer Mutter mit Kind bei einer Rückkehr nach Eritrea die Einberufung in den zivilen Teil des Nationaldienstes drohe. Aus den Erkenntnismitteln ergibt sich zwar, dass Frauen bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Militär entlassen werden, nicht jedoch, dass das auch für den zivilen Teil des Nationaldienst gilt. 

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Eritrea, Frauen, Nationaldienst, Berufungszulassungsantrag, Kinder, Mutterschaft, Militärdienst, ernsthafter Schaden,
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, AsylG § 4 Abs. 1,
Auszüge:

[...]
Danach ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr als klärungsbedürftig bezeichnete Tatsachenfrage, "ob Frauen bei Heirat, Schwangerschaft und Betreuung von Kindern von dem Nationalen Dienst freigestellt oder aus diesem entlassen werden", anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte.
Das Verwaltungsgericht hat für seine Entscheidung tragend darauf abgestellt, dass der Klägerin, da sie sich im dienstpflichtigen Alter befinde, für den Fall ihrer Rückkehr nach Eritrea ein ernsthafter Schaden aufgrund einer Einberufung zum Nationaldienst drohe (Urteilsabdruck, S. 4). Hinsichtlich der drohenden Einberufung zum Nationaldienst hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich zwischen dem militärischen Teil und dem zivilen Teil des Nationaldiensts unterschieden und insoweit zugrunde gelegt, dass die Klägerin als Mutter nach einer Rückkehr zwar nicht zum militärischen Teil des Diensts eingezogen werde, ihr jedoch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Einziehung zum zivilen Teil des Nationaldiensts drohe (Urteilsabdruck, S. 4). [...]
Die Beklagte differenziert mit der von ihr als klärungsbedürftig bezeichneten Tatsachenfrage hinsichtlich einer drohenden Einberufung zum Nationaldienst nicht zwischen dem militärischen und dem zivilen Teil und zeigt mit ihrem Zulassungsantrag nicht auf, dass hinsichtlich der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts, dass auch verheirateten Frauen im dienstpflichtigen Alter oder Frauen mit Kindern bei einer Rückkehr nach Eritrea die Einberufung in den zivilen Teil des Nationaldiensts mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe, neuere Erkenntnismittel eine andere Entscheidung als die des erstinstanzlichen Gerichts nahelegen. In dem Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea in der Fassung vom 25. Januar 2021, auf den die Beklagte in ihrem Zulassungsantrag hinweist, wird ausgeführt, dass Frauen in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Militär bzw. dem "National Service" entlassen werden, dies jedoch in erster Linie die militärische Komponente des Nationalen Dienstes betreffe, eine Weiterarbeit im zivilen Bereich keineswegs ausgeschlossen bleibe. [...]
Die Beklagte hat mit ihrem Zulassungsantrag daher einen fallübergreifenden Klärungsbedarf zu der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Annahme, dass der Klägerin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr nach Eritrea die Einberufung in den zivilen Teil des Nationaldiensts drohe, nicht aufgezeigt. [...]