LG Passau

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Zitieren als:
LG Passau, Beschluss vom 13.09.2022 - 2 T 62/22 - asyl.net: M30951
https://www.asyl.net/rsdb/m30951
Leitsatz:

Bei Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist Person aus Abschiebungshaft zu entlassen:

1. Gemäß § 33 Abs. 5 AsylG kann eine Person, deren Asylverfahren infolge Nichtbetreibens eingestellt wurde, die Wiederaufnahme des Asylverfahrens beantragen. In einem solchen Fall hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Verfahren wieder aufzunehmen.

2. Wird die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt, tritt eine vormals erteilte Aufenthaltsgestattung wieder in Kraft, sodass die Ausreisepflicht entfällt und die Sicherungshaft aufzuheben ist.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Asylverfahren, Nichtbetreiben des Verfahrens, Wiederaufnahme des Verfahrens, Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, Einstellung,
Normen: AsylG § 33 Abs. 5 S. 1, AsylG § 33 Abs. 1 S. 1,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde weist zutreffend darauf hin, dass der Betroffene vor der Beschlussfassung am 29.03.2022 durch das Amtsgericht Freyung persönlich hätte angehört werden müssen. § 420 Abs. 1 FamFG sieht vor, dass das Gericht den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören hat. Die Voraussetzungen des § 420 Abs. 2 FamFG, unter denen eine derartige Anhörung ausnahmsweise unterbleiben kann, liegen ersichtlich nicht vor. [...]

Weitestgehend begründet ist die Beschwerde auch, soweit sie sich gegen die einstweilige Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung durch das Amtsgericht Passau vom 05.02.2022 wendet.

Das Amtsgericht Passau, das als Bereitschaftsgericht für das Amtsgericht Freyung entschieden hat, war zwar gemäß § 416 S. 1 FamFG i.V.m. § 106 Abs. 2 AufenthG örtlich zuständig, da infolge der Ingewahrsamnahme des Betroffenen im Bezirk des Amtsgerichts Freyung das Bedürfnis für den Freiheitsentzug dort bestand. [...]

Der Beschluss des Amtsgerichts Passau hätte jedoch im Hinblick auf den Antrag des Betroffenen auf Fortführung des Asylverfahrens vom 23.02.2022 aufgehoben und der Betroffene aus der Haft entlassen werden müssen.

Gemäß § 33 Abs. 5 S. 2 AsylG kann ein Ausländer, dessen Asylverfahren eingestellt wurde, weil sein Antrag infolge Nichtbetreibens des Verfahrens eingestellt wurde, § 33 Abs. 1, Abs. 5 8. 1 AsylG, die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. In einem solchen Fall hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 33 Abs. 5 S. 5 AsylG das Verfahren wieder aufzunehmen. Dies ist vorliegend auch geschehen, da der Betroffene am 28.02.2022 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angehört wurde und am 01.03.2022 über den Fortsetzungsantrag entschieden wurde. Damit wurde spätestens am 28.02.2022 das Asylverfahren wieder aufgenommen. Infolgedessen ist gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 1 AsylG die Aufenthaltsgestattung wieder in Kraft getreten. Die Ausreisepflicht ist daher am 28.02.2022 entfallen und die Sicherungshaft hätte aufgehoben werden müssen. Dies bedeutet, dass die Abschiebehaft des Betroffenen ab 28.02.2022 rechtswidrig war und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. [...]