Ausweisungsentscheidung wegen Mitgliedschaft in einem Verein, der die PKK unterstützt:
"Die PKK ist im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt (ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs). Die Entscheidung des belgischen Kassationshofs vom 28.01.2020 - P.19.0310.N -, wonach die PKK Konfliktpartei in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt sei, gibt keinen Anlass für eine andere Sichtweise."
(Amtliche Leitsätze)
[...]
2) Die Rügen des Klägers, die sich auf die Qualifizierung der PKK als eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung beziehen, bleiben ebenso ohne Erfolg wie diejenigen, die hinsichtlich der entsprechenden Einordnung des vom Kläger besuchten kurdischen Vereins erhoben werden. [...]
a) Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass die PKK eine Vereinigung sei, die den Terrorismus unterstütze und dass er die PKK durch seine Handlungen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unterstützt habe und diese noch unterstütze. Die PKK sei - entsprechend einer Entscheidung des belgischen Kassationshofs vom Januar 2020 im Rahmen eines Strafverfahrens - keine Terrororganisation, sie sei lediglich Partei eines innertürkischen bewaffneten Konflikts. [...]
Die Qualifizierung der PKK als eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, entspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 24, vom 25.07.2017 - 1 C 12.16 -, juris Rn. 16, und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 36 f.) und des erkennenden Gerichtshofs (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 22.03.2022 - 1 S 2284/20 -, juris Rn. 82, vom 02.03.2016 - 11 S 1389/15 -, juris Rn. 37, und vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 73 ff.; Beschlüsse vom 08.07.2019 - 11 S 45/19 -, juris Rn. 7, und vom 29.03.2021 - 12 S 1115/20 -, n.v.), der sich das Verwaltungsgericht angeschlossen hat. Dies gilt insbesondere für den hier vorliegenden Zeitraum - für den Kläger sind seitens des beklagten Landes Erkenntnisse ab dem Jahre 2010 mitgeteilt worden - und im Übrigen auch heute.
Zwar ist der Hinweis des Klägers zutreffend, dass mit Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 15.11.2018 die Aufnahme der PKK in die vom Rat der Europäischen Union erstellte Liste der Terrororganisationen für die Jahre 2014 bis 2017 mit Blick auf als nicht ausreichend erachtete Begründungen beanstandet worden ist und die entsprechenden Beschlüsse und Durchführungsverordnungen für nichtig erklärt worden sind, soweit sie die PKK betreffen (siehe im Einzelnen EuG, Urteil vom 15.11.2018 - T-316/14 - PKK/Rat -, juris Rn. 56 ff., Rn. 81 ff.). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat jedoch auf das Rechtsmittel des Rates der Europäischen Union mit Urteil vom 22.04.2021 (C-46/19) die entsprechende Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union aufgehoben und die Rechtssache zurückverwiesen. Die PKK war und ist bis heute auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt [...]. Sie ist im Übrigen auch seit dem Jahre 1997 und bis heute auf der Liste ausländischer terroristischer Organisationen des U.S. Departement of State geführt (https://www.state.gov/foreign-terrorist-organizations/).
Der Verweis auf Rechtsprechung in Belgien und der Schweiz, wonach die PKK dort nicht (mehr) als Terrororganisation angesehen werde, begründet keine ernstlichen Zweifel an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts. [...] Im Übrigen ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Entscheidung des belgischen Kassationshofs vom 28.01.2020 - P.19.0310.N - (ECLI:BE:CASS:2020:ARR.20200128.6) juportal.be/content/ECLI:BE:CASS:2020:ARR.20200128.6/FR , auf die sich der Kläger wohl bezieht, für das vorliegende Ausweisungsverfahren von Bedeutung wäre. Mit dieser Entscheidung hat der Kassationshof eine zuvor ergangene gerichtliche Entscheidung bestätigt, Anklagen gegen Mitglieder der PKK in Belgien nicht zuzulassen. Gegenstand des belgischen Verfahrens ist die Frage der individuellen Strafbarkeit von Angehörigen der PKK nach belgischem Strafrecht für mutmaßliche terroristische Verbrechen, die nach Auffassung des Gerichts im Zuge eines bewaffneten Konflikts in der Osttürkei begangen worden seien [...]. Dies gibt als solches keinen Anlass dafür, dass die gefestigte verwaltungsgerichtliche und im Übrigen auch strafgerichtliche Rechtsprechung zur Einordnung der PKK nach deutschem Recht nunmehr in einem anderen Licht zu sehen sein könnte. [...] Im Übrigen ist ausweisungsrechtlich der Begriff der Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, nicht deckungsgleich mit dem Begriff der terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 129a, 129b StGB und setzt insbesondere auch keine entsprechende strafgerichtliche Verurteilung voraus (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 28 ff.; Hailbronner in: Hailbronner, AuslR, § 54 Rn. 47 <Stand: 3/2022>). [...]
Ferner ist das Verwaltungsgericht zutreffend der Sache nach davon ausgegangen, dass die Aufnahme einer Organisation in die vom Rat der Europäischen Union erstellte Liste der Terrororganisationen, die regelmäßig aktualisiert wird, seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24.06.2015 (nur) ein deutlicher Anhaltspunkt dafür ist, dass die Organisation terroristischer Art ist oder im Verdacht steht, eine solche zu sein (EuGH, Urteil vom 24.06.2015 - C-373/13 - H.T. -, juris Rn. 83; BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 20, und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 30). Das Verwaltungsgericht hat sich nicht mit dem Verweis auf die - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - aktuelle EU-Terrorliste begnügt, sondern selbstständig Feststellungen dazu getroffen, dass die PKK seit Ende des letzten Jahrhunderts und bis heute ihre Ziele mit terroristischen Mitteln, d.h. mittels des Einsatzes gemeingefährlicher Waffen und Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele, verfolgt bzw. hat bereits vorliegende Feststellungen des erkennenden Gerichtshofs sich zu eigen gemacht (siehe im Einzelnen UA S. 12 f.). [...]