Keine Abschiebungsandrohung bei Unzulässigkeitsablehnung des Asylantrags für Inhaber einer Aufenthaltskarte nach dem FreizügG/EU:
Verfügt eine Person über eine Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU, kann ihr Asylantrag zwar aufgrund der Anerkennung in einem anderen EU-Staat nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden. Allerdings darf in diesem Fall keine Abschiebungsandrohung nach §§ 35 AsylG erlassen werden. Nach § 35, 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG erlässt das Bundesamt bei Unzulässigkeitsablehnung eine Abschiebungsandrohung, wenn Betroffene keinen Aufenthaltstitel besitzen. Eine Aufenthaltskarte nach dem FreizügG/EU ist einem Aufenthaltstitel gleichzustellen.
(Leitsätze der Redaktion)
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41 3. Die Klage ist allerdings begründet, soweit sie sich gegen die in Ziffer 3 Satz 1-3 des angegriffenen Bescheides vom 12. Dezember 2018 enthaltene Abschiebungsandrohung hinsichtlich Italiens richtet. Die Abschiebungsandrohung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Nach § 35 AsylG droht das Bundesamt der Ausländerin oder dem Ausländer in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG die Abschiebung in den Staat an, in dem sie oder er vor Verfolgung sicher war (Zielstaat). Der Abschiebungsandrohung steht hier aber entgegen, dass nach der allgemeinen, neben § 35 AsylG anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG eine Abschiebungsandrohung unterbleiben muss, wenn die Ausländerin oder der Ausländer einen Aufenthaltstitel besitzt. Denn der Klägerin wurde nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung, die sich nach telefonischer Auskunft der zuständigen Ausländerbehörde, dem Landesamt für Einwanderung, vom 28. April 2022 bestätigt haben, als Familienangehöriger einer Unionsbürgerin – der Tochter der Klägerin – eine Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU – FreizügG/EU – ausgestellt. Zwar stellt die Aufenthaltskarte keinen Aufenthaltstitel im Sinne der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar, sie ist den dort genannten Aufenthaltstitel aber jedenfalls im Hinblick auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG gleichzustellen, da sie ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht dokumentiert (so auch Bergmann, in: ders./Dienelt (Hrsg.), Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 34 AsylG Rn. 8). Es erscheint widersinnig, wenn einer Abschiebungsandrohung aus rein formalen Gründen ein kraft Unionsrecht bestehendes (und dokumentiertes) Aufenthaltsrecht entsprechend § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG entgegen gehalten werden könnte. [...]