Ablehnung eines Berufungszulassungsantrags gegen die Abweisung der Upgrade-Klage eines syrischen Wehrdienstentziehers:
1. Es ist fraglich, ob die Divergenz zwischen verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und der Rechtsprechung des EuGH Grundlage einer Divergenzrüge gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG sein kann, ob der EuGH also ein divergenzfähiges Gericht ist.
2. Unabhängig davon muss eine Divergenzrüge abstrakte Rechtssätze formulieren, die in dem angefochtenen Urteil aufgestellt wurden und von Rechtssätzen des divergenzfähigen Gerichts abweichen. Vorliegend wirft der Antrag auf Zulassung der Berufung dem Verwaltungsgericht lediglich vor, der Rechtsprechung des EuGH nicht gerecht zu werden, ohne einen entsprechenden, abstrakten, von der Rechtsprechung des EuGH abweichenden Rechtssatz zu formulieren.
(Leitsätze der Redaktion; vorgehend: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.03.2020 - 4 LA 218/19 - asyl.net: M28327)
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3 Ungeachtet der Frage, ob die geltend gemachte Abweichung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. November 2020 - C-238/19, EZ - (curia.europa.eu) schon deshalb ausscheidet, weil sich der Gerichtshof nicht unter den in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten divergenzfähigen Gerichten findet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - juris Rn. 10; Beschluss vom 26. Januar 2010 - 9 B 40.09 - juris Rn. 2; Beschluss vom 10. März 2021 - 1 B 2.21 - juris Rn. 9; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. März 2020 - 4 LA 218/19 - juris 2 f.; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2014 - 13 A 791/14.A - juris Rn. 16; VGH München, Beschluss vom 1. Juni 2017 - 6 ZB 17.30519 - juris Rn. 9) oder unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer effektiven Durchsetzung des Unionsrechts eine entsprechende Anwendung dieses Zulassungsgrundes in Bezug auf Entscheidungen des Gerichtshofes geboten sein kann (in diesem Sinn OVG Lüneburg, Beschluss vom 10. Februar 2011 - 11 LA 491/10 - juris Rn. 6 f.; GK-AsylG, Stand: Januar 2022, § 78 Rn. 202.2), leistet der Zulassungsantrag die notwendige Darlegung einander widersprechender Rechtssätze nicht.
4 Insbesondere formuliert er keine abstrakten Rechtssätze, die in dem angefochtenen Urteil aufgestellt wurden und die von Rechtssätzen der EuGH-Entscheidung abweichen sollen. Dies gilt namentlich, soweit das Verwaltungsgericht entscheidungstragend eine Verknüpfung zwischen einer möglichen Strafverfolgung oder Bestrafung wegen einer in Form der Ausreise vorliegend konkludenten Verweigerung des Militärdienstes im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG und der Zuschreibung einer politischen Überzeugung gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG - unter Verweis auf eine nicht anzunehmende Bestrafung auch nur eines signifikanten Teils der potentiellen männlichen Rückkehrer sowie auf die Besonderheit, dass der Kläger aus einem Oppositionsgebiet geflohen ist - als nicht plausibel verneint hat. Der Kläger arbeitet insoweit einen klar erkennbaren Rechtssatz des Verwaltungsgerichts nicht heraus. Vielmehr stellt er den Ausführungen des Gerichtshofes, es spreche eine starke Vermutung dafür, dass die Verweigerung des Militärdienstes unter den in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2011/95/EU genannten Voraussetzungen mit einem der fünf in Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU genannten Gründe in Zusammenhang stehe, lediglich die Aussage gegenüber, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend dargelegt, warum eine solche Verknüpfung nicht plausibel sei. Damit wirft er dem Verwaltungsgericht lediglich vor, es werde der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht gerecht. [...]