"Schuldanerkenntnisse" zur Kostenbeteiligung an der Unterbringung in Sammelunterkünften unterfallen Sozialgerichtsbarkeit:
Die in Berlin verbreitete Praxis, Kostenbeteiligungen für die Nutzung von Sammelunterkünften im Wege von Schuldanerkenntnissen zu regeln, unterliegt der Sozialgerichtsbarkeit und nicht der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Solche Schuldanerkenntnisse ersetzen Verwaltungsakte, welche die Kostenpflicht und -festsetzung für die Nutzung der Unterkunft regelt. Das Rechtsverhältnis ist von einem Über-Unterordnungsverhältnis geprägt.
(Leitsätze der Redaktion)
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Das Sozialgericht hatte gemäß § 98 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 17a Abs. 3 S. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig zu erklären, nachdem der Beklagte die Rechtswegrüge des § 17a Abs. 3 S. 2 GVG erhoben hatte.
Vorliegend ist eine Streitigkeit gegeben, welche nach§ 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG in die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit fällt. [...]
Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn dem Klagebegehren ein Sachverhalt zugrunde liegt, der nach Normen des öffentlichen Rechts zu beurteilen ist (Mink in BeckOK SozR, 62. Edition Stand 1. September 2021, SGG, § 51 Rn. 2). Entscheidend ist die wirkliche Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses, nicht dessen rechtliche Einordnung durch die Beteiligten (GmS-OGB BSGE 37 292). Ob ein Rechtsgeschäft, das die Grundlage einer Klage bildet, dem bürgerlichen Recht oder dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist, richtet sich nach dem Gegenstand und dem Zweck des Rechtsgeschäfts, d. h. es kommt darauf an, ob die von den Beteiligten getroffene Regelung einen vom bürgerlichen Recht oder vom öffentlichen Recht geordneten Sachbereich betrifft (st. Rspr.; vgl. Gemeinsamer Senat, BGHZ 97, 312).
Vorliegend ersetzt das streitgegenständliche Schuldanerkenntnis, mit welchem der Kläger dem Beklagten die Kosten für die Nutzung einer Unterkunft zu schulden versprochen hat, einen Verwaltungsakt des Beklagten, welcher die Kostenpflicht und -festsetzung für die Nutzung ebendieser Unterkunft gegenüber dem Kläger regelt. Für den Fall, dass sich die Verwaltung einer vertraglichen Gestaltung anstelle eines Verwaltungsakts bedient, sieht das Gesetz eine Grundlage in § 53 Abs. 1 S. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Ungeachtet der Frage, in welcher Form der Beklagte gehandelt hat, handelt es sich aus diesem Grunde um ein Rechtsverhältnis, das nicht durch zwei kontrahierende Partner auf Augenhöhe, sondern durch ein Über-Unterordnungsverhältnis geprägt war. Denn Gegenstand der Verpflichtung ist die Zahlung von Kosten für die seitens des Beklagten im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags bereitgestellte Unterkunft. In Folge sind Ansprüche aus einem Schuldanerkenntnis nicht vor den ordentlichen Gerichten, sondern im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen, wenn das Schuldanerkenntnis an die Stelle einer sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakt getreten ist (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1987 - III ZR 60/87). [...]