VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2021 - 11 S 74/21 - asyl.net: M30219
https://www.asyl.net/rsdb/m30219
Leitsatz:

Kein Aufenthaltsrecht für Geschwister gut integrierter Jugendlicher:

"Als Bezugsperson kommt im Rahmen des § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG ausschließlich ein nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigter Elternteil des Kindes in Betracht. Die Vorschrift ermöglicht es einem Kind dagegen nicht, ein Aufenthaltsrecht von seinen nach § 25a Abs. 1 AufenthG stammberechtigten Geschwistern abzuleiten."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Bleiberecht, Altfallregelung, Geschwister, Integration, familiäre Lebensgemeinschaft,
Normen: AufenthG § 25a Abs. 2 S. 5, AufenthG § 25 Abs. 1, AufenthG § 25a Abs. 2 S. 1
Auszüge:

[...]

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll dem minderjährigen ledigen Kind, das mit einem Begünstigten nach § 25a Abs. 1 AufenthG in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob zwischen der Antragstellerin und ihren Schwestern ... und ... eine familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne des § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG besteht. Denn ... und ... zählen bereits nicht zum Kreis der nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigten Bezugspersonen, von denen die Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht nach § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG ableiten könnte. Auch von ihrer Mutter kann die Antragstellerin kein solches Aufenthaltsrecht ableiten, da ihre Mutter nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG ist.

Als Bezugsperson kommt im Rahmen des § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG ausschließlich ein nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigter Elternteil des Kindes in Betracht [...]. Die Vorschrift ermöglicht es einem Kind dagegen nicht, ein Aufenthaltsrecht von seinen nach § 25a Abs. 1 AufenthG stammberechtigten Geschwistern abzuleiten.

Der Auffassung der Antragstellerin ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG zunächst ist. Indes gebieten es systematische Erwägungen, nur Kindern eines nach § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigten Ausländers ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht zuzuerkennen.

Der Wortlaut der Vorschrift setzt im Gegensatz zu § 25a Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht explizit ein Kindschaftsverhältnis zu der stammberechtigten Bezugsperson voraus. Vielmehr spricht die Regelung nur von einem Kind, das mit einem Begünstigten nach § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Aus dem Wortlaut lässt sich daher nicht entnehmen, dass es sich um ein Kind der nach § 25a Abs. 1 AufenthG stammberechtigten Bezugsperson handeln muss.

Indes kann auch bei systematischer Betrachtung ein Kind ein Aufenthaltsrecht gemäß § 25a Abs. 2 Satz 5 AufenthG ausschließlich von einem nach § 25a Abs. 1 AufenthG stammberechtigten Elternteil herleiten. Dagegen kommt die Ableitung eines Aufenthaltsrechts eines Kindes von seinen Geschwistern nach dieser Vorschrift nicht in Betracht [...]. Im Falle des Vorliegens einer Aufenthaltserlaubnis eines Geschwisterkindes gemäß § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist das Kind vielmehr darauf angewiesen, dass zumindest einem Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt wurde. Denn nur von diesem kann es ein Aufenthaltsrecht ableiten (§ 25a Abs. 2 Satz 2 AufenthG). [...]