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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 20.07.2021 - XIII ZB 10/21 - asyl.net: M30033
https://www.asyl.net/rsdb/m30033
Leitsatz:

Sofortige Haftentlassung bei Entscheidung über Durchführung eines weiteren Asylverfahrens:

1. Entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass ein Asylfolgeantragsverfahren nach § 71 Abs. 1 AsylG, § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG durchzuführen ist, besteht ein Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylG. Dies steht der Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft entgegen.

2. Übermittelt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der beteiligten Behörde eine "Prognoseentscheidung", aus der das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG hervorgeht, so ergibt sich daraus bereits die Unzulässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Asylantrag, Asylfolgeantrag, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aufenthaltsgestattung,
Normen: AsylG § 71 Abs. 1, VwVfG § 51, AsylG § 55 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

b) Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Betroffene hätte bereits am 8. Januar 2020 aus der Haft entlassen werden müssen. Mit der Entscheidung des Bundesamts, dass gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, § 71 Abs. 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde, war die Abschiebungshaft zu beenden, weil dem Betroffenen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG eine Aufenthaltsgestattung zu erteilen war (BeckOK AuslR/Dickten [1.4.2021], § 71 AsylG Rn. 39; Bergmann/Dienelt/Bergmann, Ausländerrecht, 13. Aufl., § 71 AsylG Rn. 51; HK-AuslR/Müller, Ausländerrecht, 2. Aufl., § 71 AsylG Rn. 57). Während der Prüfung seines Antrags hat ein Betroffener ein gesetzliches Aufenthaltsrecht, das der Aufrechterhaltung der Haft entgegensteht. Das gilt auch, wenn das abgeschlossene Asylverfahren auf Grund eines Asylfolgeantrags wiederaufgenommen wird. Von dieser Entscheidung hat die beteiligte Behörde bereits durch die am 7. Januar 2020 übersandte sogenannte Prognosenachricht des Bundesamts erfahren. Die Nachricht informiert über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG und darüber, dass ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde. Damit handelte es sich bei dieser "Prognosemeldung" nicht lediglich um eine unverbindliche Ankündigung, sondern um eine Vorabmitteilung, aus der sich die Unzulässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft ergab. [...]