VG Greifswald

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Zitieren als:
VG Greifswald, Beschluss vom 08.07.2021 - 2 B 1062/21 (Asylmagazin 10-11/2021, S. 392 f.) - asyl.net: M29916
https://www.asyl.net/rsdb/m29916
Leitsatz:

Kein Arbeitsverbot bei ausreichender Mitwirkung bei der Passbeschaffung; zum Nachweis der Erfüllung der Mitwirkungspflicht:

1. Einstweilige Anordnung zur vorläufigen Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis.

2. Die Vorsprache bei einer Botschaft zur Mitwirkung bei der Passbeschaffungspflicht kann durch das Vorlegen des E-Mail-Verkehrs mit der Botschaft und eine eidesstattliche Versicherung über die Vorsprache bei der Botschaft einer begleitenden Person nachgewiesen werden. Sollten die Aussagen von der Ausländerbehörde angezweifelt werden, bleibt es dieser unbenommen, Betroffene zur Botschaft zu begleiten.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Passbeschaffung, Mitwirkung, Arbeitserlaubnis, eidesstattliche Versicherung,
Normen: AufenthG § 60a Abs. 6 Nr. 2
Auszüge:

[...]

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Würdigung der Umstände des Einzelfalls liegt ein gegenwärtig an den Tag gelegtes schuldhaftes Mitwirkungsversäumnis von hinreichendem Gewicht im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor. Der Antragsteller hat jedenfalls durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner Ehefrau - deren falsche Abgabe gemäß §§ 156 bzw. 161 Strafgesetzbuch unter Strafe steht - glaubhaft gemacht, am 01.03.2021 in der ukrainischen Botschaft in Berlin mit den abgelaufenen Reisepässen, Geburtsurkunden sowie der Eheurkunde vorgesprochen zu haben, um ukrainische Reisepässe zu beantragen. Weiterhin zeigt der von der Antragstellerin im Verfahren 2 B 1041/21 HGW vorgelegte E-Mail-Verkehr vom 10.06.2021 mit der ukrainischen Botschaft, dass ein entsprechender Kontakt zur Botschaft besteht und nach dem Bearbeitungsstand gefragt wurde und die Anfrage an die Konsularabteilung weitergeleitet wurde. Dass diese Maßnahmen nicht zum Erfolg führen können, ist derzeit nicht ausgeschlossen. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren ist daher zu Gunsten des Antragstellers von seiner Mitwirkung bei der Passbeschaffung auszugehen.

Darüber hinaus ist für eine fehlende Mitwirkung bei der vom Antragsgegner eingeleiteten Beschaffung von Passersatzpapieren ebenfalls nichts vorgetragen.

Der Antragsgegner war verpflichtet, über die Verlängerung der Beschäftigungserlaubnis im Ermessen zu entscheiden. Der Anspruch des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung war daher vorliegend durch eine vorläufige Regelung im Wege der einstweiligen Anordnung zu sichern (vgl. VGH BW, B.v. 27.6.2017 - 11 S 1067/17 - juris Rn. 13; NdsOVG,B.v. 11.6.2008 - 4 ME 184/08 - juris; Eyermann, 15. Auflage 2019, § 123 VwGO Rn. 50 und Rn. 66). Vor dem Hintergrund, dass der Aufenthalt des Antragstellers bereits seit 2016 ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gestattet bzw. geduldet ist und mit Blick auf die Regelung in § 32 Abs. 2 Nr. 5 BeschV, wonach es nach einem ununterbrochenen vierjährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalts im Bundesgebiet keiner Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung bedarf und der Tatsache, dass der Antragsgegner auch keine weiteren Gründe, die einer Beschäftigungserlaubnis entgegen stehen, geltend gemacht hat, ist derzeit von einem Erfolg im Hauptsacheverfahren auszugehen. Der Antragsteller ist jedoch verpflichtet, weiterhin an der Beschaffung eines Passes mitzuwirken, so dass er im Falle einer fehlenden Rückmeldung der ukrainischen Botschaft in den nächsten Wochen unverzüglich weitere Schritte zur Beschaffung eines Passes zu unternehmen und diese entsprechend nachzuweisen hat. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner die Angaben der Ehefrau des Antragstellers hinsichtlich der Vorsprache in der ukrainischen Botschaft in der eidesstattlichen Versicherung in Frage stellt, ist es ihm jedoch ebenfalls unbenommen, den Antragsteller durch einen seiner Mitarbeitenden zur ukrainischen Botschaft zu begleiten. [...]